„Hallo Herr Hümmer und herzlich willkommen zum WIT-Interview! Vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, ein bisschen mit uns über unser gemeinsames Lieblingsthema, das Wasser, zu sprechen.“
„Na, das mache ich doch gerne. Was wollen Sie von mir wissen?“ Herr Hümmer ist ganz offensichtlich ein Mann der klaren Worte, der sich nicht gerne mit Smalltalk aufhält.
Wir treffen uns wie gewohnt via Videochat. Man sieht sofort, dass die Juragruppe technisch auf dem neuesten Stand ist. Vor dem Interview ist einer der Mitarbeiter von Herrn Hümmer mit mir im Chatroom und prüft Kamera und Ton. Zum ersten Mal in unserer Serie begrüße ich meinen Gesprächspartner nicht in dessen Büro, sondern im großen Sitzungssaal seines Zweckverbands Juragruppe. Hans Hümmer ist es gewohnt, mit der Presse zu sprechen – er strahlt eine große Routine im Umgang mit Technik und Interviews aus.
„Naja,“ ich muss lachen ob der Frage, was wir gerne von ihm wissen wollen, „eigentlich hab ich immer nur eine einzige Frage an unsere Gäste, nämlich: Was ist Ihr Lieblings-Wasser-Thema? Was liegt Ihnen ganz besonders am Herzen? Alles andere ergibt sich immer aus dem Gespräch heraus. Und noch was gleich zu Anfang: Falls ich zu niederbayerisch werde, müssen Sie es sagen. Das passiert manchmal, dass ich recht stark in Dialekt verfalle.“
Herr Hümmer lacht mit. „Das macht überhaupt nichts – ich bin fränkisch, Sie niederbayerisch, das ist doch etwas Schönes! Ich liebe die Vielfalt der bayerischen Sprachkultur! Da sind wir auch sofort beim ersten Wasser-Thema: Es ist ja nicht nur die Sprache, die bei uns in Bayern vielfältig ist, man sieht die Vielfalt auch in unseren unterschiedlichen Versorgungsgebieten. Bei Ihnen in der Region, im Gäuboden, oder in der Landshuter Gegend gibt es ganz andere Voraussetzungen, als hier bei uns in Franken. Wir haben hier vor allem Karstgrundwasserleiter. Wir haben hier die Landschaft des weißen Jura, das sind bizarre Felsformationen und große Höhlensysteme. Unterhalb der fränkischen Schweiz sind diese Untergrundformationen komplett mit Wasser gefüllt, und es gibt Spalten im Fels, die bis zum Grundwasser reichen. Wenn es hier Niederschlag gibt, rauscht der teilweise direkt bis ins Grundwasser. Da muss man natürlich extremes Augenmerk auf den Grundwasserschutz legen.
Das ist auch eins meiner größten Steckenpferde: Der Trinkwasserschutz. Ich fühle mich da schon als Pionier – immerhin bin ich mittlerweile seit 18 Jahren hier im strukturschwachen nordoberfränkischen Bereich tätig, und die Juragruppe ist hier in der Region ein bedeutender Wasserversorger. Wir haben hier die größte wasserwirtschaftliche Maßnahme an Schutzgebieten in ganz Bayern. Aber Trinkwasserschutz ist nicht alleine das Ausweisen von Schutzgebieten, Trinkwasserschutz ist wie Klimaschutz: Das geht nur mit machen, machen, machen.
Wir zahlen hier in der Region zum Beispiel schon seit den 80er Jahren Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft. Dass bei uns der Wasserschutz so gut funktioniert, hängt eben auch schon mit den Vorgängergenerationen zusammen. Die haben das schon früh erkannt, wie wichtig das Thema ist, und haben uns das Lebensmittel Nummer 1 erhalten. Dafür gebührt ihnen Lob im überreichen Maße.
Wir führen das jetzt weiter, mit modernster Technik und in enger Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Wir haben zum Beispiel großflächigen Zwischenfruchtanbau. Der Erosionsschutz ist bei unseren geringen Bodenmächtigkeiten vorrangig. Wir haben zum Teil weniger als einen Meter, da sind die Risiken hoch für Bodenabschwemmungen.
Außerdem haben wir als Zweckverband in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Regierung ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, bei dem wir 100 Hektar der „Durchwachsenen Silphie“ hier in der fränkischen Alb anbauen. Die Landwirte sind da voll mitgegangen, und der Freistaat Bayern ist mit 650.000 Euro beteiligt. Das freut nicht nur die Bienen, sondern auch das Wasser und die Umwelt.
Wir haben hier also einen Grundstock für den Trinkwasserschutz geschaffen, um vielleicht in 20 Jahren immer noch sagen zu können, dass unser Wasser nicht von Menschenhand berührt werden muss vor der Auslieferung an unsere Verbraucher.
Dass unser gefördertes Wasser immer noch ein reines Naturprodukt ist, und in allen Parametern der Trinkwasserverordnung entspricht, ist auch der Partnerschaft mit den landwirtschaftlichen Betrieben zu verdanken. Man muss die Probleme gemeinsam angehen, Kooperationen bilden, für finanziellen Ausgleich sorgen.“
Das scheint ja wirklich ein sehr erfolgreicher Ansatz zu sein. Und was ist Hans Hümmer noch wichtig?
„Mein zweites großes Steckenpferd ist die technische Modernisierung und die Betriebswirtschaft. Daher komme ich ja ursprünglich auch, und habe unseren Zweckverband nach und nach auf ausschließlich betriebswirtschaftliche Aspekte ausgerichtet. Wir haben modernste Technik bei uns im Versorgungsgebiet, die uns ermöglicht, selbst kleinste Leckagen innerhalb kürzester Zeit aufzuspüren und abzudichten. Unsere Wasserverluste im gesamten Gebiet sind gleich null. Wir haben auch die größte Netzerneuerungsrate in ganz Bayern, und trotzdem ist unser Wasserpreis weiterhin günstig. Wie das geht? Wir haben uns zum Beispiel unsere eigene Planungsabteilung geleistet. Wir machen alles selbst, von der Planung bis zur Ausschreibung, Vergabe und Organisation, das ist alles in unserer Hand. Dabei ist ganz entscheidend, dass alle Mitarbeiter hochqualifiziert und spezialisiert sind. Wenn Sie das alles haben – ein gutes Team, modernste Technik, und eine solide betriebswirtschaftliche Grundlage, dann sind Sie perfekt aufgestellt. Nicht nur finanziell, sondern auch im Blick auf den Klimawandel. Dabei möchte ich unbedingt betonen: Ich bin hier keine One-Man-Show! Wir schaffen das alles nur als Team.
Mein Wassermeister kommt sogar vorbei, wenn er Urlaub hat, und macht mit uns Brotzeit. Für mich ist Wasser und Wasserversorgung nicht nur Beruf, sondern eben auch Hobby. Mein Leben ist Wasser, weil: Wasser ist Leben. Und das ist auch bei meinen Mitarbeitern so.“
Ich muss lächeln. Herr Hümmer spricht so voller Leidenschaft über das Thema, dass ich gar nicht dazu komme, Fragen zu stellen. Und das braucht es auch gar nicht – alles, was er erzählt, ist interessant und wissenswert.
„In Bezug auf das Problem der Verluste im Rohrleitungsnetz hab ich auch noch ein Negativbeispiel für Sie: Wir haben mal einen kleinen Versorger übernommen, der vor der Übernahme 65 Prozent Wasserverlust hatte. Das ist eine riesige Verschwendung, nicht nur der Ressource Wasser, sondern auch zum Beispiel von Strom, und setzt am Ende auch große Mengen CO2 frei durch den Mehrverbrauch von Pumpen und technischen Geräten. Es ist wirklich so: Modernste Technik ist viel mehr Klimaschutz und Ressourcen-Schonung, als den Meisten bewusst ist. Das ist meine klare Meinung, bei der Wasserversorgung ist Handlung angezeigt! Dabei ist auch der Freistaat gefordert, endlich mal ausreichende Rechtsgrundlagen zu schaffen. Die Wasserversorger müssen zum Beispiel beim Einsatz von Fernwirk-Anlagen und Ultraschall-Funkzählern Rechtssicherheit haben, auch was Datenschutz angeht. Nur so können die vielen technischen Möglichkeiten am Ende vollumfänglich eingesetzt werden.“
Ich stelle fest, der Herr Hümmer ist wirklich ein glühender Umwelt- und Wasserschützer. Und ein echtes Vorbild für andere Wasserversorger.
Jetzt hab ich doch noch eine Frage: „Gibt es eigentlich noch etwas, das Ihnen wichtig ist außer Wasser? Sie haben doch bestimmt eine Familie, oder?“ Da muss er jetzt richtig laut lachen. „Ja, stimmt, meine Familie ist mir natürlich auch wichtig, die ist sicherlich mein Lebensmittelpunkt. Auch, wenn meine Gattin manchmal sagt, dass ich öfters in der Zeitung bin, als daheim.“
„Aber sie nimmt das offenbar ziemlich gelassen und mit Humor.“, bemerke ich schmunzelnd.
„Ja, das stimmt. Außerdem bin ich auch noch in der Kirche und bei der Feuerwehr engagiert. Das sind einfach die Dinge, die mich bewegen. Und dazu gehört eben auch das Wasser. Das ist einfach das Überlebensmittel Nummer 1.“
Lieber Herr Hümmer, es war so schön, Ihnen zu lauschen, und mit Ihnen zu plaudern!
Vielen lieben Dank für das so lehrreiche und kurzweilige Gespräch, und auch vielen Dank für die Einladung zu Ihnen nach Pegnitz! Das wäre doch ein toller Ausflug für das Wasser-Info-Team, mit dem Zug zu Ihnen in die fränkische Schweiz zu fahren!
Und auch ganz herzlichen Dank für Ihr Angebot, uns vom Bahnhof abzuholen. Darauf werden wir dann ganz bestimmt zurückkommen! 🙂
Ihre Katrin Zwickl und das ganze Wasser-Info-Team Bayern e.V.