„LURCH“ – ein interdisziplinäres Wasser-Forschungsprojekt

Wenn man das Wort Lurch hört, denken die meisten von uns wahrscheinlich an ein amphibisches Tierchen. Hinter dem etwas verwirrenden Namen verbirgt sich in diesem Fall aber eine Fördermaßnahme vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in dem Forschungsprojekte von verschiedenen Organisationen gebündelt werden und zum Thema  nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung forschen.

Wir haben Sarah Fieger, die Verantwortliche für das Vernetzungs- und Transfervorhaben im LURCH-Projekt interviewt, um zu erfahren, worum es dabei genau geht.

WIT: „Nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung“ klingt ja spannend, können Sie uns denn genauer erklären, worum es konkret im LURCH-Projekt geht?

Sarah Fieger: Sehr gerne. LURCH vereint Forscher*innengruppen aus ganz Deutschland, die alle in verschiedenen Bereichen erforschen, wie nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung funktionieren kann und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen.

WIT: Wir vom Wasser-Info-Team sind ja nur in Bayern aktiv – in wie weit sind denn bayerische Projekte daran beteiligt?

Sarah Fieger: Auf der Bayerischen Seite ist die TU München bei uns engagiert. Dort gibt es ein Projekt mit dem Namen „Nitrat-Lurch“. Die TU untersucht Methoden, wie mit Mikroorganismen Nitrat aus dem Grundwasser entfernt werden kann. Dabei werden die Gase Methan und Wasserstoff über Brunnen ins Grundwasser injiziert, die die im Grundwasser vorhandenen Mikroorganismen dazu anregen, Nitrat abzubauen.

WIT: Das ist ja wirklich hochinteressant. Und welche Themenbereiche decken Ihre Wissenschaftler*innen aus dem Rest von Deutschland noch so ab?

Sarah Fieger: Das sind wirklich viele. Insgesamt sind rund 150 Menschen von 10 teilnehmenden Forschungsgruppen beteiligt. Diese Projekte bestehen aus verschiedensten Insitutionen wie Forschungsinsituten, Umwelt- und Wasserbehörden, Wasserversorger und Ingenieurbüros. Es gibt Projekte, die entwickeln IT-Tools, die den Versorgern helfen sollen, die Grundwasserqualität und -quantität noch besser einzuschätzen, dann gibt es Gruppen, die beschäftigen sich mit Bodenwasser-Haushalt, und eine andere, die untersucht, wie PFAS (Anm. der Redaktion: das sind bestimmte chemische Verbindungen, die sich unter anderem in beschichtetem Kochgeschirr und Funktionskleidung befindet und bisher nicht aus dem Wasser und der Umwelt entfernt werden können) aus dem Grundwasser entfernt werden können. Es ist ein sehr vielfältiges Projekt, das zum Ziel hat, die Grundwasserressource zu schützen – als Ökosystem und als Trinkwasservorrat. Das Ganze ist vorerst angelegt auf einen Zeitraum von drei Jahren.

WIT: Und was genau ist Ihre Aufgabe bei LURCH?

Sarah Fieger: Ich leite das Vernetzungs- und Transfervorhaben. Das heißt, ich koordiniere Treffen der einzelnen Gruppen und Untergruppen, sorge dafür, dass Daten und Ergebnisse ausgetauscht werden, und kümmere mich darum, dass die Forschenden insgesamt reibungslos zusammenarbeiten können. Das Faszinierende an dem Projekt ist, dass es so viele spezialisierte Forscher*innen und Themen gibt. Jeder und jede ist dabei so ein kleines Puzzleteil. Es geht um Daten, Wald, Sensoren, und so viel mehr. Es gibt so viel Fachwissen in den einzelnen Bereichen, die müssen unbedingt gut vernetzt und verbunden werden. Am Ende entstehen dann Erkenntnisse, die die Fachwelt in der Praxis nutzen kann.

WIT: Gibt es ein bestimmtes Gebiet, das Sie persönlich am spannendsten finden?

Sarah Fieger: Das gibt es tatsächlich. Ich finde es faszinierend, dass das Grundwasser nicht nur Trinkwasservorrat ist, sondern auch ein eigenes Ökosystem. Man denkt ja, dort unten in der Kälte und in der Dunkelheit kann es eigentlich kein Leben geben, aber das stimmt nicht. Es gibt kleine Tierchen wie Brunnenkrebse und Mikroorganismen, die das Grundwasser als ihren Lebensraum besiedeln und dort zum Beispiel auch einen sehr wichtigen Beitrag zur Reinigung des Wassers leisten. Ohne diese Organismen im Boden und im Grundwasser würde das Wasser viel mehr Schadstoffe enthalten, und wir müssten das Wasser aufwendig reinigen. Deswegen ist es auch für uns extrem wichtig, dafür zu sorgen dass die Organismen weiterhin gute Lebensbedingungen haben und wir das Grundwasser als Lebensraum schützen.

Was ich auch sehr schön finde, ist die Tatsache, dass bei LURCH Leute zusammenarbeiten, die Lösungen für drängende Probleme entwickeln. Es gibt so viele negative Meldungen in diesen Tagen, beispielsweise in Bezug auf Klimawandel oder den Rückgang der Grundwasserstände. Das muss man natürlich alles im Auge behalten, aber es macht Hoffnung, dass eben auch intensiv nach Lösungen gesucht wird für die Probleme, die sich uns allen aktuell stellen.

Übrigens kann jeder und jede, der bzw. die sich informieren möchte, gerne auf unsere Website https://bmbf-lurch.de/ oder unsere Fanpage auf Linkedin schauen: LURCHplus: Beiträge | LinkedIn

Außerdem bieten wir auch Kolloquien zu sozialwissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Fragestellungen, da ist wirklich jeder und jede Interessierte eingeladen, sich reinzuklicken. Im letzten Kolloquium ging es zum Beispiel um die Frage, wie Grundwasser gerecht verteilt werden kann in der Zukunft und welche Maßnahmen es gibt, um Grundwasseressourcen zu schützen wie zum Beispiel mehr Dachbegrünung, weniger Versiegelung von Städten, Schwammstadtprojekte, und so weiter.

WIT: Gibt es ein Thema, das besonders oft nachgefragt wird?

Sarah Fieger: Ja, das gibt es. Am Ende kommt das Thema Daten immer wieder zur Sprache. Daten sind so wichtig für Wissenschaft und Forschung und am Ende auch für die Praxis. Wichtig ist hierbei, die Daten im Grundwassermonitoring zu sammeln, die wirklich wichtig sind (denn man kann theoretisch tausende Substanzen messen, oft braucht man aber nur wenige), und diese dann auch verfügbar zu machen.

WIT: Das können wir uns sehr gut vorstellen. Daten braucht man ja wirklich in allen Bereichen unserer digitalisierten Welt. Auch für die Wasserwirtschaft sind sie unverzichtbar geworden. Ob im Brunnenbau oder, wie Sie schon als Beispiel angeführt haben, bei der Beurteilung von Wasserqualität und -quantität. Das Ziel unserer Versorger ist es natürlich, die Bevölkerung noch über Generationen hinweg mit ihrem sehr guten Trinkwasser beliefern zu können.

Das ist auch eine gute Überleitung zu unserer letzten Frage: Gibt es denn etwas, was Sie unseren Leserinnen und Lesern noch ganz persönlich mit auf den Weg geben möchten?

Sarah Fieger: Den Menschen aus der Fachwelt möchte ich gerne sagen, wie wichtig es ist, sich mit anderen Fachleuten interdisziplinär auszutauschen. Das erweitert den Horizont ungemein. Das wäre mein Tipp an die Kolleginnen und Kollegen aus der Wasserwirtschaft.

Und der interessierten Öffentlichkeit möchte ich sagen: Wenn man sich die Nachrichten anschaut und dadurch berechtigterweise pessimistisch wird, wäre meine Empfehlung, die Hoffnung nicht aufzugeben. Es gibt Forschende auf der ganzen Welt, die unter Hochdruck an Lösungen arbeiten. Wenn man sich das bewusst macht, sieht die Zukunft gleich wieder deutlich positiver aus.

WIT: Tausend Dank für das Interview – vielleicht haben Sie ja Lust, dass wir uns nach den drei Jahren nochmal treffen, und Sie uns dann über die Forschungsergebnisse berichten.

Sarah Fieger: Sehr gerne. Und der Dank ist natürlich ganz meinerseits! Liebe Grüße nach Bayern!

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