„Das erdet einen schon brutal.“: Trinkwasser-Experte Thomas Horneck berichtet von seiner Wasser-Reise nach Mexiko

Diejenigen, die das Wasser-Info-Team auch auf Social Media verfolgen, haben vielleicht schon mitbekommen, dass eine unserer Wasser-Bayern-Trinkflaschen vor einiger Zeit auf große Reise gegangen ist. Wir haben ein Foto der Flasche am Flughafen München gepostet mit dem Versprechen, dass bald die Auflösung folgen wird, was es mit dem Flughafen-Bild auf sich hat.

Und nun ist es so weit: Wir verraten unseren Follower*innen und Leser*innen, was es mit dem geheimen Post auf sich hatte.

Thomas Horneck, Betriebsleiter der Wasserversorgung Stadtwerke Osterhofen und gefragter Wasser-Experte, hat sich auf den Weg nach Mexiko gemacht, um die dortigen Wasserversorger mit seinem bayerischen Knowhow beim Aufbau einer nachhaltigen Trinkwasserversorgung zu unterstützen.

Und darüber möchte ich, die Katrin Zwickl, Wasserbloggerin des Wasser-Info-Teams, Euch und Ihnen nun ausführlich berichten. Dafür hab ich mich auf den Weg zu Thomas nach Hause gemacht, um mir an einem Sonntag Nachmittag bei Kaffee und Kuchen von seinen Erlebnissen in Mexiko erzählen zu lassen.

Mit dabei am Kaffeetisch ist auch Thomas´ Frau Theresa, die natürlich die Reise von zuhause mit begleitet und den gemeinsamen (sehr zuckersüßen) Sohn Alexander in der Zeit alleine betreut hat.

Das ist auch direkt unser Einstieg ins Gespräch, weil Thomas von Anfang an betont, dass die Reise ohne die Unterstützung seiner Frau nicht möglich gewesen wäre.

Das ist eine große Leistung!“ hebt er hervor. „Ja, aber jetzt soll es doch um Dich gehen.“, antwortet Theresa ganz bescheiden auf sein Lob. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Partnerinnen und Partner, die daheim die Stellung halten, während der/die Andere im Einsatz für eine bessere Welt ist. Ohne Euch wären sehr, sehr viele Dinge in dieser Welt nicht möglich.

Aber das nur am Rande, denn es soll ja heute tatsächlich um Thomas` Wasserreise nach Mexiko gehen.

Also Thomas, jetzt erzähl mal, wie war es denn in Mexiko?“ – „Schee war´s!“ lacht er. „Aber Du willst es wahrscheinlich ein bisschen ausführlicher wissen, nehm ich an?“

Natürlich wollen wir das ausführlicher wissen!

Na dann erzähl ich das natürlich gern. Es war wirklich eine wahnsinnig tolle Zeit. Aber von Anfang an: Vom Bayerischen Bildungswerk international, kurz BBW, gibt es ein Rahmenprogramm mit verschiedenen Ländern, um wirtschaftliche Beziehung auf- oder auszubauen, und um einen internationalen Knowhow-Transfer zu ermöglichen. In Mexiko gibt es einen Themenschwerpunkt Wasserversorgung. In anderen Ländern sind die Schwerpunkte andere, zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit einigen Afrikanischen Staaten ist der Schwerpunkt Landwirtschaft, und so weiter.

Und da bin ich für Mexiko als Experte gefragt worden, ob ich am Programm teilnehmen möchte. Ich unterrichte ja an der Bayerischen Verwaltungsschule und bin beim DVGW als Referent tätig – so ist das BBW auf mich gekommen. Natürlich hab ich das mit der Theresa abgesprochen, ob sie das schafft, weil der Alex mit seinen 7 Monaten ja wirklich noch sehr klein war. Als sie einverstanden war, hab ich zugesagt.

Wir, also die Projektleiterin Angi Dröber (an dieser Stelle nochmal ein Dankeschön an Sie für die tolle Betreuung) und ich, sind von München über Washington nach Mexico City geflogen und da bin ich gleich mal überrannt worden von der Größe der Stadt. Ich hab inzwischen einige Mega-Cities gesehen, aber Mexiko Stadt ist echt riesig.

Wir sind um 21 Uhr abends angekommen, das war gut, weil bei 8 Stunden Zeitverschiebung hat man schon einigermaßen Jetlag. Ich glaub, den hab ich auch die ganzen Tage hindurch mitgezogen, weil ich verständlicherweise in der ganzen Zeit nicht zum Ausschlafen gekommen bin. Am zweiten Tag ging es direkt los mit dem Programm.

Da ist dann auch die zweite bayerische Referentin zu uns gestoßen und ich hab auch meine Dolmetscherin kennengelernt. Die Angela ist supernett, und wir halten bis heute Kontakt. Die hatte anfangs ein bisschen Bedenken, ob das mit meinem niederbayerischen Einschlag hinhaut,“ fügt er lachend hinzu, „aber es hat dann alles super geklappt. Gleich am ersten Tag fand ein Meet and Greet mit regionalen Vertretern von Mexico City zum Austausch von Expertenwissen statt.

Zusammengefasst kann man sagen, dass das Hauptproblem in Mexico City der hohe Trinkwasserverbrauch von ca. 300 Litern pro Tag pro Tag pro Person ist. Der Umgang mit Trinkwasser dort ist enorm verbesserungsfähig, es gibt wenig Wertschätzung fürs Wasser. Teils wird das Wasser dann aber auch vor allem in den ärmeren Vierteln abgestellt, und nicht jeder hat immer den ganzen Tag Wasser. Das trifft vor allem auf die Randgebiete zu. Im Zentrum wird sehr viel Wasser verbraucht. Da ist es zum Beispiel Normalität, jeden Tag das Auto zu waschen und solche Sachen. Außerdem gibt in der Stadt einen immensen Wasserverlust von fast 50 Prozent!

Das führt dazu, dass immer mehr Brunnen gebaut werden, und die Stadt sinkt aufgrund dessen stetig ab – pro Jahr sage und schreibe 20 cm.“

Theresa und ich schauen uns an. Wie lange das wohl noch gut geht? Und was passiert wohl, wenn einer ganzen Stadt der Boden unter den Füßen wegsinkt?

Ja, und außerdem liegt Mexico Stadt auch noch in einem Erdbebengebiet. Das wurde mir aber erst später gesagt. Sonst hätte ich es mir womöglich noch anders überlegt.“, gibt Thomas verschmitzt zu. „Und es ist auch noch ein Vulkangebiet und es war auch noch Regenzeit, als ich da war. Aber eigentlich hatte ich gar nicht so viel Zeit über Vulkane und Erdbeben nachzudenken, das Programm war straff und die Abendveranstaltungen waren toll, aber dadurch waren es natürlich immer sehr lange Tage.

Am zweiten Tag ging es dann gleich auf die erste große Veranstaltung – auf die Aquatech. Das ist eine sehr bekannte internationale Messe über Wasser und Wasserversorgung, ähnlich wie die IFAT in München. Die bayerische Repräsentanz in Mexiko hatte da einen Messestand, da waren wir als Vertreter vor Ort, und auf der Messe hab ich auch meinen ersten Vortrag über Instandhaltung von Rohrnetzen gehalten. Bei der Vorbereitung hab ich nicht im Detail darüber nachgedacht wie das wohl mit Dolmetscherin an meiner Seite abläuft, da bin ich dann mit meinem Zeitplan für den Vortrag nicht ganz hingekommen. Ich hätte 45 Minuten Zeit gehabt und hab eine ganze Stunde gebraucht. Aber das Publikum hat aufmerksam zugehört und es hat bis auf den zeitlichen Verzug wirklich alles top hingehauen.“

Man merkt, dass Thomas für das Thema Wasser brennt, und dass die Reise ein prägendes Erlebnis für den engagierten Wasserer war. Er zeigt mir einen Artikel in der  Landauer Zeitung, in der ein Bild mit ihm, den anderen bayerischen Repräsentanten und einer riesigen aufblasbaren Breze abgebildet ist. Die Bilder mit der Breze waren heißbegehrt, erzählt er. Klar, eine Breze ist halt auch wirklich ein cooles bayerisches Symbol mit hohem Wiedererkennungswert.

Am dritten Tag war Sightseeing und Kultur angesagt. „Natürlich hab ich auch da nach Hydranten und Co. Ausschau gehalten.“ Theresa weiß, wie gern ihr Thomas auf Reisen die örtliche Wasserversorgung inspiziert. Das finden wir alle drei lustig, weil das eigentlich jeder Wasserer macht, den wir vom WIT kennen. „Das ist ein Virus.“, sag ich schmunzelnd.

Den musste Thomas selbstverständlich fotografieren. Liebe Grüße an alle Wasserer, die das auch machen! 🙂

„Am vierten Tag sind wir dann nach Chihuahua geflogen, das sind ca. 2,5 Stunden Flugzeit von Mexico Stadt. Chihuahua liegt im Bezirk Jalisco, dort haben wir uns mit örtlichen Vertretern getroffen, und ich muss sagen, die bewegen da wirklich was. Die haben eine super Frau an der Spitze der Wasserversorgung, die ist enorm motiviert und engagiert. Sogar die Wasserverluste hat die örtliche Wasserversorgung sehr gut im Griff, die liegen bei 9%. Das ist sogar unter dem bayrischen Durchschnitt mit rd. 10,3% (Quelle: Umweltstatistik Bayern 2019). Dass hier Experten am Werk sind, merkt man auch daran, dass nicht nur der prozentuale Wasserverlust, sondern auch der Infrastructure Leakage Index, kurz ILI, angegeben wird. Kurze Erläuterung, der ILI ist ein internationaler Standard um Wasserverluste zu kategorisieren. Beim ILI werden Daten wie Rohrnetzlängen, Anzahl der Hausanschlüsse und Versorgungsdruck mit betrachtet. Das heißt es werden auch technische Komponenten wiedergeben. Da in Mexiko Druckmanagement in der Wasserversorgung sehr wichtig ist, wurde die Formel vom ILI von führenden Technikern überarbeitet und auf mexikanische Verhältnisse angepasst. Es war sehr faszinierend und toll für mich zu sehen mit welchem Ehrgeiz und Elan hier die Menschen zu Werke gehen. Der Austausch war super informativ – für beide Seiten. Stundenlang wurde debattiert, welche „smarten“ Lösungen es hier zukünftig geben kann!

An den darauffolgenden Tagen waren wir an der Universität in Chihuahua. Da waren Vertreter der Universität und der Wasserversorger aus dem gesamten Bundesstaat vor Ort. Auch da hatte ich nochmal Slots für Vorträge über Instandsetzung, unsere Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten hier in Bayern, und bin dabei auch immer wieder auf unser DVGW-Regelwerk eingegangen. Das Interesse am Thema war riesig und alle haben sich bei mir bedankt – das war sehr schön.

Was sehr lustig war, war als ich erzählt hab, dass es bei und in Deutschland im Schnitt 13 Minuten pro Jahr kein Wasser gibt. Das passiert den Mexikanern mindestens ein Mal in der Woche. Und auch Bereitschaftsdienst und solche Sachen, die bei uns Normalität sind, die gibt es halt einfach dort nicht.

Ich muss schon sagen, wenn ich mir die Probleme anschaue, die in Mexiko herrschen, erdet einen das brutal. Da sind unsere Schwierigkeiten in Deutschland, ob in der Wasserwirtschaft oder auch in anderen Bereichen unseres Lebens, ein Pappenstiel. Das kann man gar nicht oft genug wiederholen.

Nach 9 Tagen sind wir dann die Heimreise angetreten. Meine Frau hat mich mit dem Alex am Flughafen abgeholt, der hat auch gestrahlt, als er mich gesehen hat.

Für mich war der Aufenthalt in Mexiko sehr schön, und vor allem sehr lehrreich. Die Menschen vor Ort waren alle total nett und immer aufmerksam, kulinarisch war es ein großartiges Erlebnis, und, wie gesagt, die Reise hat mich sehr geerdet. Wir müssen uns hier in Bayern eigentlich um nichts sorgen, und unsere die Wasserversorgung ist wirklich Gold wert. Das merkt man erst, wenn man mal sieht, wie es in anderen Teilen der Welt zugeht.

Und natürlich nochmal danke an meine Frau, das Bayrische Bildungswerk International, und alle, die mir dieses außergewöhnliche Erlebnis ermöglicht haben.

Und wir bedanken uns herzlich für das Interview, lieber Thomas!

Liebe Grüße an Dich, Deine Familie und auch Deine Kolleginnen und Kollegen von den Stadtwerken Osterhofen,

Dein Wasser-Info-Team Bayern e.V.

Impressionen aus Mexiko:

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