Das Interview führte wie gewohnt die Wasser-Bloggerin des Wasser-Info-Teams Katrin Zwickl, und es fand ebenfalls wie gewohnt online via Videokonferenz statt.
Auf die Minute pünktlich ploppt Robert Pietsch bei mir auf dem Bildschirm auf:
„Hi lieber Robert, wie schön, dass Du Dir Zeit nimmst für das Wasser-Info-Team und unsere Leserinnen und Leser!“
„Ja – ich freu mich auch. Vielen Dank für die Einladung.“ Robert Pietsch strahlt in die Kamera. Er ist ein außerordentlich fröhlicher Mensch mit dem man sich richtig gern unterhält und der mit seiner lustigen und lockeren Art einfach gute Laune verbreitet.
„Du weißt ja, wir haben in unseren Interviews eigentlich immer nur zwei Fragen – sollen wir direkt und ohne Umschweife anfangen?“ – „Ja, sehr gerne. Ich bin startklar.“
„Super! Na dann los – also: was ist Dein Wasserlieblingsthema?“
„Mein Wasserlieblingsthema ist natürlich alles, was mit Brunnen und Brunnenbau zu tun hat. Und da ist es im Speziellen die Instandhaltung von Brunnen der Trinkwasserversorgung. Mir gefällt es, Analysen von Brunnen zu erstellen und Lösungen für das jeweilige Bauwerk zu erarbeiten. Neben den Sanierungs- und Instandhaltungsthemen leiste ich auch noch richtig gern Aufklärungsarbeit für die Versorger. Meistens im Rahmen von Vorträgen bei Wasserwerksnachbarschaften oder Messen. Ich möchte bei den Kolleginnen und Kollegen in den Stadtwerken und Zweckverbänden ein Bewusstsein dafür wecken, wie wertvoll ihre Anlagen sind.“
„Das finde ich stark. Bewusstsein für Wasserthemen wecken ist ja auch das klar erklärte Ziel des Wasser-Info-Teams.“
„Ja, ich weiß – deshalb freue ich mich ja auch so über Deine Anfrage zum Interview.“ Robert lächelt wieder mit seinem ansteckend fröhlichen Gesicht in die Kamera. „Zusammenfassend kann man vielleicht sagen: Meine Lieblingsthemen sind Planung und Ausführung von Brunnenregenerierung und -sanierung, Bewusstseinsschaffung für den Wert der Bauwerke, und Schulung und Information der Wasserversorger.“
„Das klingt wirklich spannend – aber ich glaub, wir müssen unserer Leserschaft jetzt ein paar grundlegende Infos zukommen lassen. Was genau ist denn eigentlich ein Brunnen? Weil die meisten Laien, die damit nichts zu tun haben, stellen sich unter Brunnen wahrscheinlich am ehesten Zierbrunnen in der Innenstadt vor. Versuch mal, das zu erklären, als würdest Du das einem Kindergartenkind erklären. So kann man sicher sein, dass es jeder und jede versteht.“
Robert lacht herzlich. „Ach so, ja, sicher. Das mach ich bei meinen Vorträgen auch manchmal so. Also: Das Wasser regnet vom Himmel herab, fällt auf die Erde und beginnt in der Erde zu versickern. Jedenfalls wenn es dort auf eine Schicht trifft, die so durchlässig ist, dass sie das Wasser aufnehmen kann und nach unten weiterleiten. Das Wasser sickert also der Schwerkraft folgend in den Boden hinein bis eine lehmige oder tonige Schicht kommt, die das Wasser nicht mehr durchlässt. Auf dieser Schicht staut sich das Wasser und beginnt, je nach Neigung der Schicht in eine bestimmte Richtung wegzufließen. Je nachdem, wie schnell das Wasser wegfließt und wieviel von oben nachkommt, staut es sich auf der undurchlässigen Schicht bis zu einer bestimmten Höhe an. Irgendwann gibt es ein Gleichgewicht zwischen dem Wasser, das zur Seite abfließt und dem Wasser, das von oben nachkommt. Diese Schicht, in der sich das Wasser befindet, bohrt man dann mit dem Brunnen an. Man bohrt also ein Loch in die Erde, zuerst durch trockene Erde, die wird dann immer nässer und irgendwann kommt dann die wasserundurchlässige sogenannte Stauschicht. In diese Bohrung wird ein Brunnenrohr reingestellt. Das Rohr hat Löcher genau in dem Bereich, in dem sich das Wasser befindet.“
„Wie groß sind die Löcher?“
„Die, im Fachterminus sogenannten Filterschlitze können angepasst werden. Bei modernen Filtern geht das bis 0,1 mm runter und hoch bis ca. 3 mm. Im Einzelfall gibt es auch noch größere Schlitze oder Löcher, je nach Größe des umgebenden Materials. Je feiner das Material ist, desto kleiner müssen die Schlitze sein, weil sonst kommt neben dem Wasser auch Sand oder Kies in den Brunnen hinein.“
Das ist dann fast schon wie ein Sieb, oder?
„Genau, genau! Also praktisch wie ein Sieb. Außerhalb dieses Siebes wird dann nochmal als Vorfilter eine Kiesschüttung eingebracht, die größer sein muss als die Filterschlitzweite. Die Kunst dabei ist, dass man die Weite der Filterschlitze und die Kieskörnung so anpasst an das umgebende Gestein, Sand, Kies oder was auch immer, dass es kein Material von außen mit in den Brunnen reinzieht, aber dass man trotzdem genug Wasser bekommt. Das ist nicht immer ganz so einfach, weil die erschlossenen Schichten in der Körnung stark variieren können. Das muss man beim Bohren sehr genau beobachten und einen Kompromiss finden.
Allerdings ist das Brunnenbohren nicht mein Spezialgebiet, weil wir bei Etschel Brunnenservice ja ausschließlich Instandhaltung und Sanierung machen. Ich behandle in meiner Arbeit das fertige Produkt.“
„Das ist wirklich toll – Du hilfst also, Brunnen ein langes Leben zu ermöglichen und so die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen, und den Versorgern auch noch Geld zu sparen, dadurch, dass ihre Anlagen so lange wie möglich reibungslos laufen. Eigentlich beginnt Deine Arbeit erst, wenn so ein Brunnen schon in die Jahre gekommen ist, oder?“
„Genau. Wir waren ja jetzt bei dem Punkt, wie das Wasser in das Brunnenrohr kommt. Im Brunnen ist eine Pumpe, die das Wasser – bei Bedarf über eine Aufbereitung – zum Hochbehälter des Versorgers pumpt, Im Wasser sind wertvolle Mineralien wie Calcium und Magnesium gelöst, aber oft auch auch Mineralien, die man nicht unbedingt im Wasser haben will, wie zum Beispiel Eisen und Mangan. Die werden mittransportiert und kommenim Brunnen in Kontakt mit Sauerstoff. Dort besteht nämlich sozusagen ein Kurzschluss zur Atmosphäre, in der ja Sauerstoff enthalten ist. Der reagiert dann mit manchen der gelösten Inhaltsstoffe des Grundwassers . Die nicht-wasserlöslichen Reaktionsprodukte, meist Eisenoxid und Manganoxid, lagern sich dann im Filterkies, in den Schlitzen, in der Pumpe und in der Steigleitung ab und verstopfen den Porenraum im Kies und die Filterschlitze. An dem Punkt kommen wir dann und nehmen eine Regenerierung vor, damit der Brunnen am Ende wieder wie neu ist – zumindest annähernd.“
„Tatsächlich? Man kann einen Brunnen wieder so herstellen, dass er wieder wie neu ist?“
„Ja, das geht im Prinzip schon. Ein paar Restablagerungen können im Brunnen verbleiben, das kommt vor allem darauf an, wie schnell der Eingriff gemacht wird, wie viele Ablagerungen bis dahin ausgefallen sind und ob sie evtl. bereits verhärtet sind. Das passiert nämlich leider mit der Zeit und es ist klar: je härter die Ablagerungen sind, desto schwieriger lassen sich diese entfernen. Wenn man es aber rechtzeitig anpackt, kann man den Neubauzustand in vielen Fällen wieder herstellen.“
„Also wäre hier Dein Tipp an die Versorger, Euch rechtzeitig anzurufen und nicht zu lange zu warten?“
„Ja, auf alle Fälle. Man macht durch eine Regenerierung nichts kaputt, sondern sorgt dafür, dass der Brunnen eine möglichst lange Lebensdauer hat. Für die Versorger ist es wichtig, stets ihre Wasserstände und Fördermengen im Auge zu behalten und regelmäßig Kamerabefahrungen durchzuführen, um den Zeitpunkt für eine rechtzeitige Regenerierung nicht zu verpassen.“
„Wie alt kann eigentlich ein Brunnen werden?“
„Das kommt auf die Wasserqualität und das Ausbaumaterial an. Bei einem der größten bayerischen Versorger gibt es z.B. Brunnen aus den 50er Jahren, die schauen heute noch gut aus. Und das, obwohl sie aus einem Material bestehen, das so heute nicht mehr verbaut würde. Man kann sich also schon vorstellen, dass so ein Brunnen „ewig“ leben kann. Die neueren Brunnen sind aus Edelstahl – der korrodiert eigentlich nie, solange das Wasser keine außergewöhnlich hohe Mineralienkonzentration hat.“
„Gehen Brunnen also nur kaputt, wenn sie nachlässig gepflegt und gewartet werden?“
„Ja, das kann man schon so sagen, zumindest für moderne Ausbaumaterialien. Bei guter Behandlung kann ein solcher Brunnensehr alt werden und mehrere Generationen überdauern.“
„Wie läuft denn so eine Regenerierung ab?“
„Das ist bei allen Brunnen ähnlich: Wir kommen mit einer Gerätschaft mit Hochdruckpumpe und -schlauch, an dessen Ende ein sogenanntes Doppelrotationsaggregat befestigt ist, das im Brunnen auf und ab bewegt wird. Das Aggregat versetzt den Brunnen, den Filterkies und den angrenzenden Boden durch rotierende Düsenpaare in Schwingungen. Der Kies reibt gegeneinander und so können auch harte Ablagerungen gelöst werden. Gleichzeitig wird abgepumpt und so die gelösten Ablagerungen ausgetragen. Bis nichts mehr kommt. Das Ganze nennt sich Druckwellenimpulsverfahren mit Wasserhochdruck. Das ist das Verfahren, das wir am häufigsten anwenden. Es gibt auch andere Möglichkeiten, die sich qualitativ teils deutlich unterscheiden. Für uns ist die Anwendung von Druckwellen in den meisten Fällen das Mittel der Wahl.“
„Das klingt ja alles wirklich wahnsinnig spannend! Damit wären wir auch langsam am Ende unserer schönen Stunde angekommen. Du hast Dich ja schon mit einer Botschaft an die Versorger gewendet – gibt es denn zum Abschluss noch etwas, das Du unseren Leserinnen und Lesern, die nicht aus der Wasserwirtschaft kommen, mit auf den Weg geben möchtest?“
„Ja! Der breiten Öffentlichkeit möchte ich gerne sagen, dass wir alle noch mehr lernen sollten, das zu schätzen, was die Wasserversorger mit ihrem Personal leisten. Dass man das nicht so als selbstverständlich hinnimmt, dass das Wasser zu einem unglaublich günstigen Preis aus dem Wasserhahn kommt und wir hier in Deutschland in so einem Luxus und Überfluss an Wasser leben. Das ist ja nicht überall auf der Welt so. Man sollte das wirklich zu schätzen wissen!“
„Ein tolles Schlusswort! Vielen Dank für das Interview, lieber Robert!“
„Sehr gerne, es hat mich auch gefreut! Bis bald und liebe Grüße an das gesamte Wasser-Info-Team und Eure Leserschaft!“