„Tauchen Sie ins Wasser ein und lassen Sie sich faszinieren!“ – WIT-Interview mit Dr. Andreas Gaß, Referent für Umwelt und Recht des Bayerischen Städtetags

Das Interview führte Wasser-Bloggerin Katrin Zwickl.

Herr Dr. Andreas Gaß ist Referent für Umwelt und Recht beim Bayerischen Städtetag und dessen Vertreter bei uns im Wasser-Info-Team Bayern e.V.. Dr. Gaß ist ein langjähriges und geschätztes Mitglied der kommunalen Familie, er versteht sich als Fürsprecher der kommunalen Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge.

Damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich ebenfalls ein Bild von „unserem“ Dr. Gaß machen können, einen Einblick in seine Arbeit und in die Arbeit des Städtetags gewinnen, und sich vielleicht noch ein Stückchen mehr bewusst machen können, wie unbeschreiblich wichtig und vielschichtig das gesamte Wasser-Thema ist, hab ich mich online mit ihm getroffen und ein Interview mit ihm geführt.

„Hallo Herr Dr. Gaß und herzlich willkommen zum WIT-Interview! Ich freu mich riesig, dass Sie sich heute Zeit nehmen, um mit mir ein Stündchen über das Wasser zu plaudern! Sie sind ja jetzt seit einem knappen Jahr im Amt beim Städtetag und jetzt haben wir die Ehre, Sie heute begrüßen zu dürfen.“

„Hallo Frau Zwickl, ich freu mich auch. Danke für die Einladung!“

Wir sind beide in bester Laune – wer hat nicht gerne am Freitagmorgen ein Stündchen Zeit, sich mit Gleichgesinnten über eins der eigenen Lieblingsthemen auszutauschen?

„Sie wissen ja schon, dass unsere WIT-Interviews immer nur aus zwei Fragen bestehen. Einmal die nach dem Wasser-Lieblingsthema und einmal die nach Ihrer Botschaft an unsere Leserinnen und Leser. Ich würde vorschlagen, wir fangen direkt an, und ich bin schon sehr gespannt: Verraten Sie uns Ihr Wasser-Lieblingsthema?“

Herr Dr. Gaß hat sich perfekt vorbereitet auf das Interview, das merke ich sofort.

„Ich habe mir die Interviews des WIT im Vorfeld natürlich angeschaut und als ich mir überlegt habe, was mein persönliches Wasser-Lieblingsthema ist, bin ich tatsächlich, vor allem was das Berufliche angeht, etwas ins Stocken geraten. Im Berufsalltag hört man ja überwiegend von Herausforderungen: Die Grundwasserpegel sinken, Nitratwerte steigen, manche Gewässer Bayerns sind in keinem guten Zustand, die Hochwasserrisiken nehmen zu, Sturzfluten- und Starkregenereignisse werden häufiger. Insofern ist vielleicht mein Lieblingsthema eher, dass man im Idealfall etwas dazu beitragen kann, dass die Kommunen diese Herausforderungen bewältigen können. Beruflich gesehen kann ich jetzt nicht sagen, dass zum Beispiel die Wasserversorgung das Top-Thema ist, oder die Abwasserentsorgung oder die Kreislaufwirtschaft, oder ein anderes Thema. Die sind alle gleichermaßen wichtig. Deshalb: Am Liebsten ist mir, wenn ich vor Ort zur Lösung beitragen kann.

Aber es gibt auch eine private Komponente: Wasser ist ein sehr facettenreiches Medium. Wasser kommt ja nicht nur aus der Leitung und ist Nahrungsgrundlage, sondern auf Wasser kann man Sport machen, man kann sich am Wasser erholen, die Unterwasserwelt ist unglaublich faszinierend, Wasser ist eine Naturgewalt und als solche schön und gefährlich zugleich. Diese Vielseitigkeit ist das, was mich beeindruckt. Insofern ist es für mich ein ganz wichtiges Thema – beruflich und privat.“

Ich lausche gebannt. „Das klingt wirklich total cool, und das kann ich so gut nachfühlen!“

„Naja, man kommt ja so ins Nachdenken, wenn man sich mit dem Thema Wasser als Lieblingsthema auseinandersetzt. Wenn man mal schnorcheln oder tauchen geht, ob im Mittelmeer oder an Top-Spots wie dem Great Barrier Reef in Australien, da wird einem schon sehr klar, was es zu bewahren gilt. Es gibt natürlich auch noch andere spannende Themen für mich, aber Wasser ist schon eine Welt für sich.“

„Das geht mir ganz genauso. Ich bin superglücklich mit meinem Job in der Wasser-Öffentlichkeitsarbeit, aber auch privat ist mein Leben geprägt von meinem Lieblingselement. Meine Social Media-Feeds sind voller Meere, Flüsse, Trinkwasser – das interessiert mich einfach am allermeisten, und der Algorithmus lernt das dann halt auch immer besser über die Zeit und spielt mir die Sachen aus, auf die ich am liebsten klicke.“

„Wobei sich dann hinter dem Thema beruflich betrachtet auch schnell die schwierigen und trockenen Aspekte verbergen. Was uns im Moment total beschäftigt, ist die Frage, wie die Städte und Gemeinden all die aktuellen Herausforderungen mit ihren knappen Ressourcen, sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht, bewältigen können. Ich glaube, wir haben da kein Erkenntnisproblem, sondern es geht um eine ehrliche Diskussion, inwieweit wünschenswerte und fachlich richtige Dinge in der Praxis umgesetzt werden können. Da sind wir dann sehr schnell bei Finanzthemen und anderen Dingen, das ist die weniger romantische Seite dieses Themas. Ich weiß nicht, wie mein Feed aussehen würde, wenn ich auf Social Media aktiv wäre. Vielleicht viele Bilder mit Geldscheinen, Geldmünzen und Cents, die aus dem Wasserhahn tropfen.“, eine kleine Anspielung auf die derzeitige Diskussion um die Einführung des Wassercents.

Nach einem kurzen lustigen thematischen Ausflug in die Social-Media-Welt werde ich nachdenklich. „Meinen Sie wirklich, wir haben politisch und gesellschaftlich kein Erkenntnisproblem? Es gäbe so oft so viele kostengünstige, kleinteilige Lösungen für regionale Probleme, aber es passiert so wenig. Dabei ist doch Wasser unsere Lebensgrundlage und wir sollten alles Menschenmögliche tun, um die zu schützen!“

„Ich bin mir nicht sicher – in der Abstraktheit stimmt da wahrscheinlich jeder zu. Wenn es dann aber um konkrete Maßnahmen geht und hierfür Mehrheiten organisiert werden müssen, wird es schon schwieriger. Da muss man sich im Vergleich zu anderen Bedarfen oder Interessen, wie Landwirtschaft oder Industrie, schon bewusst für den Wasserschutz entscheiden und im Grunde ein Stück weit kompromisslos sein. Und die andere Frage ist, ob die Menschen bereit sind, hierfür Einschränkungen im Alltag hinzunehmen. Die große Kunst besteht darin, eine gute Mischung zu finden, damit die Bürgerinnen und Bürger da mitgehen können, und das muss ständig neu verhandelt werden. Vom Grundsatz her denke ich schon, dass die Wichtigkeit des Wassers den Menschen bewusst ist. Das Problem mit uns Menschen ist eben die Komfortzone. Wenn was Schlimmes passiert, kommen wir ins Handeln. Und danach vergessen wir das ganz schnell wieder. Bewusstmachung ist eine Daueraufgabe. Umso wichtiger ist es, dass es solche Institutionen wie das Wasser-Info-Team Bayern gibt.“

„Mei, danke für das Lob! Das ehrt mich und das ganze Team sehr.“

„Aber natürlich. Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist essentiell. In den Städten und Gemeinden ist es doch oft so: Wenn vor Ort etwas nicht funktioniert, gehen die Leute erstmal auf die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu. Das ist auch ein Grund, warum ich davon überzeugt bin, dass regionale Probleme auch regional gelöst werden müssen. Dazu brauchen die Kommunen entsprechende Handlungsspielräume. In vielen Fällen ist der politische Druck vor Ort für Veränderungen durch die zunehmenden Naturphänomene spürbar, da brauchen wir keine Handlungsanleitungen von Bund und Land. Was wir im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung benötigen, sind mehr finanzielle Mittel und einen praxisnahen Rechtsrahmen, und nicht noch mehr Gutachten, Gesprächsrunden, Projekte. Wenn es mehr Spielräume und weniger bürokratische Vorgaben gäbe, könnten die Kommunen deutlich besser in die Umsetzung kommen.

Rechtlich betrachtet gibt es hier zwei große Bereiche: Die kommunalen Pflichtaufgaben und die freiwilligen Aufgaben. Alles, was über den Pflichtkanon hinausgeht, fällt dem Sparzwang zum Opfer, wenn die Ressourcen knapper werden. Hier müssen wir unangenehme Themen diskutieren, zum Beispiel wie man das Geld zielgenauer ausgibt, wie wir effizienter werden, worauf man eher verzichten kann. Auf diese Fragen laufen wir zu, und wir als kommunaler Spitzenverband sagen auch, dass man da auf allen politischen Ebenen mit den Bürgerinnen und Bürgern ehrlicher umgehen sollte. Wir werden uns vermutlich alle ein Stück weit einschränken müssen, unsere Kinder und Kindeskinder brauchen in Zukunft auch noch Gestaltungsmöglichkeiten.“

„Ich finde ja, dass Verzicht in unserer Gesellschaft allgemein viel zu negativ behaftet ist. Verzichten ist eigentlich nichts Schlimmes. Man muss ja nicht gleich ein Minimalist werden. Aber man muss eben auch nicht zum Christmas-Shopping nach New York fliegen oder jedes Jahr eine Fernreise machen. Ich liebe den Satz des Dalai Lama, der sagt, dass die Welt genug hat für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“

„Das stimmt. Vielleicht ist es schon mal gut, wenn man darüber einfach ein Stück weit nachdenkt, ob die eigenen Hobbies oder Gewohnheiten alle sinnvoll und notwendig sind. Und es bräuchte auch mehr staatliche Anreize für eine Veränderung, wie zum Beispiel höhere Steuern auf klimaschädliche Luxusgüter, da stellen sich auch schnell soziale Fragen. Das alles sind große Aufgaben, vor denen wir stehen.“

„Das sind sie wirklich! Und trotzdem blicken Sie so positiv in die Zukunft! Das finde ich total sympathisch. Und das ist vielleicht eine gute Überleitung zur zweiten und damit Abschlussfrage des Interviews: Gibt es denn etwas, das sie unseren Leserinnen und Lesern gerne ganz persönlich mit auf den Weg geben möchten?“

„Nachdem ich mich jetzt inspirieren hab lassen von Ihrer ersten Frage, würde ich tatsächlich sagen, dass jeder in das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes eintauchen sollte. Wenn man Urlaub am Meer oder an einem unserer schönen bayerischen Seen und Flüsse macht, und das Element Wasser bewusst wahrnimmt, dann muss man einfach erkennen, was für einen unermesslichen Schatz wir damit haben. Und wenn man dann nur ein bisschen weiter drüber nachdenkt, dann kommt auch sehr schnell die Erkenntnis, dass wir noch viel mehr dafür tun müssen, diesen Schatz auch für unsere Kinder zu bewahren.

Ja, das ist meine Botschaft: Tauchen Sie ins Wasser ein und lassen Sie sich faszinieren!“

„Ein traumhafter Schluss-Satz! Ganz herzlichen Dank für das Interview und viele liebe Grüße nach München!“

„Ich bedanke mich ganz herzlich! Viele Grüße an das Wasser-Info-Team und Ihre Leserschaft!“

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