„Vertraue auf das Trinkwasser!“ – WIT-Interview mit Michael Haug, Referat Grundwasserschutz und Wasserversorgung des bayerischen Umweltministeriums

„Herzlich willkommen zum Interview des Wasser-Info-Team Bayern e.V. und danke, dass Sie sich für uns und unsere Leserinnen und Leser Zeit genommen haben! Ich freu mich sehr, dass Sie hier sind.“

Wie bei allen WIT-Interviews treffen Herr Haug und ich, die Katrin Zwickl, Wasser-Bloggerin vom Wasser-Info-Team, uns auf dem Bildschirm. Neben der großen zeitlichen Ersparnis für alle Beteiligten, ist es auch eine Umweltschutzmaßnahme.

„Ja, vielen Dank für die Einladung, ich freu mich auch!“

Ich merke sofort, der Herr Haug ist ein routinierter Videochat-User. Wir finden es beide richtig gut, was digital alles möglich ist, und unterhalten uns über die vielen Vorteile in der neuen digitalen Welt. „Für die beruflichen Dinge sind Online-Meetings wirklich super.“, meint er dazu. „Man braucht nicht mehr für eine einzelne Versammlung, die eigentlich nur zwei Stunden dauert, durch ganz Deutschland zu fahren. Es ist nur schade, dass das Zwischenmenschliche jetzt schon so lange gestoppt ist, dass man zum Beispiel nach den offiziellen Veranstaltungen nicht mehr Abendessen gehen kann. Aber gerade im beruflichen Bereich haben die Online-Meetings wirklich ihre Vorteile. Ich schätze zum Beispiel die Handhebefunktion,“ sagt er lachend, „so kann wirklich niemand mehr übersehen werden, weil das Programm die Handzeichen chronologisch aufzählt.“ Wir plaudern noch ein bisschen weiter, über Digitalisierung und Umweltschutz.

Michael Haug arbeitet im bayerischen Umweltministerium im Referat für Grundwasserschutz und Wasserversorgung. Dieser ganze Bereich ist ein sehr komplexes Thema mit unterschiedlichsten Facetten. Herrn Haugs Büro ist eine der Schnittstellen, wo viele Informationen, Fragestellungen, und Lösungsvorschläge zusammenlaufen.

„Von der Digitalisierung, die ja ebenfalls zur kommunalen Daseinsvorsorge gehört, ist es ja nicht weit zum Thema Wasserversorgung. Über welches Wasser-Thema wollen wir denn heute reden, Herr Haug?“

„Ja, worüber wollen wir heute reden? Ich hab mich natürlich auf unser Gespräch ein bisschen vorbereitet, und habe ein paar Themen, die ich gerne ansprechen würde.

Das Wasser-Info-Team ist ja eine Organisation, bei der es um die bestens gesicherte Wasserversorgung im Lande geht, und die den Bürgerinnen und Bürgern, und den Politikerinnen und Politikern, also der gesamten Öffentlichkeit, bewusst machen möchte, wie wertvoll unser Wasser ist. Dass es aus der Natur kommt, dass es sorgsam behandelt und geschützt werden muss. Daraus ergeben sich dann natürlich auch gleich Fragen dazu, wie man mit unserem Grund und Boden umgeht, wie man mit chemischen Stoffen umgeht, wie man mit Grundwasser umgeht. Unser Grundwasser ist die am besten geeignetste Ressource für unsere Wasserversorgung. Das ist unser großes Anliegen, dieses Wasser so naturbelassen wie möglich an die Verbraucher liefern zu können.

Dabei stellt man leider immer wieder fest, dass aus Gedankenlosigkeit oder aus widerstreitenden Interessen der Umgang mit dem Wasser nicht immer so sorgfältig gehandhabt wird, wie es erforderlich wäre. Welche Rollen haben wir da seitens der staatlichen Behörden?“

Herr Haug ist es gewöhnt, Vorträge vor großem Publikum zu halten. Wie in allen Interviews bisher brauche ich gar keine Fragen zu stellen, lausche seinen Ausführungen, und versuche, so schnell ich kann mitzuschreiben.

„Eigentlich ist die Wasserversorgung ja Aufgabe der Kommunen, da könnte man sagen, macht mal. Das Gegenteil ist aber der Fall: Der Staat hat sehr viel damit zu tun, denn der Staat kümmert sich neben vielen anderen Dingen bei dieser Aufgabe der Daseinsvorsorge um den Trinkwasserschutz und das Wasserrecht für die Wassergewinnung. Wir arbeiten dabei dafür, die Versorger bestmöglich zu unterstützen. Dadurch ist auch Trinkwasser eine staatliche Aufgabe. Die Entnahmestellen müssen geschützt werden, am besten so, dass für alle Zeit einwandfreies Wasser entnommen werden kann.

Weitere wichtige Themen sind die technischen Strukturen der Wasserversorger: Wie kann die Versorgung so gewährleistet werden, dass wir auch in Ausfallsituationen zu hundert Prozent lieferfähig sind?

Wir brauchen also eine große Stabilität und Resilienz des Gesamtsystems. Das ist ein wichtiger Aspekt aus staatlicher Sicht. Es muss eine Redundanz gewährleistet sein, dazu sind die Wasserversorger verpflichtet. Hier wollen wir den Wasserversorgern ebenfalls unterstützend zur Seite stehen.

In Zeiten des Klimawandels und dessen bereits spürbaren Auswirkungen, wie Starkregen oder Hitzeperioden, ist die Versorgungssicherheit noch wichtiger. Wir haben bereits 2008 angefangen, Bilanzen für ganz Bayern aufzustellen, inwieweit die Versorgung in den einzelnen Regionen bei jeder Anlage gesichert ist. Bis 2016 haben wir das alles abgebildet: Was läuft gut, wo besteht Nachbesserungsbedarf?

Was mir auch sehr wichtig ist: Nicht nur Ratschläge, sondern auch Fördermittel zur Verfügung zu stellen. Wir möchten Zeichen setzen, um zu zeigen, dass wir die Wasserversorger bei ihrer so wichtigen Aufgabe bestmöglich unterstützen wollen.“

Ich sitze und lausche und schreibe. Ich merke, dass es ihm wirklich wichtig ist, dass so viele Menschen wie möglich verstehen, wie wichtig das Wasser ist, und wie komplex die gesamte Situation in Bayern ist. Und ich merke, wie schwierig es sein muss, zwischen all diesen Sach- und Kommunikationsebenen zu vermitteln. Als ich ihn danach frage, gibt er mir, fast schon ein bisschen erleichtert recht. „Ja, wir haben so viel Bürokratie und Gesetze, das wirkt immer ein bisschen entkoppelt vom Alltag der Menschen. Dabei gibt es ja ein Ministerium vor allem dafür, dass der Bevölkerung geholfen wird!“, bekräftigt er lebhaft.

Er ist wirklich ein Wasser-Enthusiast, auch das merkt man ganz deutlich. Und ich merke auch, dass er im Umweltministerium arbeitet, weil er wirklich Menschen helfen will. Was für eine schöne Grundhaltung, um in der Regierung zu arbeiten, nicht wahr?

Eine Frage, die in der bayerischen Wasser-Branche immer wieder auftaucht, ist die nach der Kleinteiligkeit der Wasserversorgung. Wir haben nämlich in Bayern über 2000 Versorger. Eine süddeutsche Besonderheit, vor allem im Norden Deutschlands findet man das nicht. Wir wollen natürlich wissen, wie Michael Haug dazu steht.

„Die Kleinteiligkeit muss unbedingt aufrechterhalten, aber noch besser untereinander vernetzt werden.“ Davon ist er überzeugt. „Die Musterlösung wäre immer eine nahe Wassergewinnung bei den Verbrauchern. Das geht natürlich nicht überall, aber das wäre der Idealfall. Wo das eigene Wasser nicht reicht, muss man dann auf Fernwasserstrukturen zurückgreifen. Dabei bleibt immer unser Leitbild für die Wasserversorgung, dass es möglichst naturbelassenes Wasser mit so wenig Aufbereitung und so kurzen Leitungen wie möglich ist. Und niemals sollte es bei uns Wasser geben, das nach Chlor riecht, das man ja nicht trinken mag.

Aus einer auf den Verbraucher/die Verbraucherin bezogenen Sicht heißt das dann, die Menschen können sich darauf verlassen, dass sie den Hahn aufdrehen können, und das Wasser schmeckt. Niemand muss Wasser nach Hause schleppen, sondern kann es einfach gschmackig und frisch aus dem Hahn zapfen! Ein besseres Getränk kann man sich nicht vorstellen!

Wasser mit Hopfen und Malz, oder mit Kaffeebohnen veredelt, oder aus Trauben gepresst und vergoren“ wir lachen herzlich über diese witzige Genussmittel-Beschreibung, „das ist ja alles ganz schön und recht. Aber Trinkwasser aus der Leitung – schöner geht´s doch gar nicht! Und die anderen Sachen würde es ja ohne Wasser auch gar nicht geben.“

„Leitungswasser ist also Ihr Lieblingsthema!“, stelle ich immer noch lachend fest. Wie schön, dass wir auch Wasser-Liebhaber in der Regierung haben, das macht doch Hoffnung, stimmt´s?

„Ja, Trinkwasser soll wirklich Wasser zum Trinken sein. Ich wünsche mir ein Bewusstsein der Leute für diese wertvolle Ressource. Deshalb sehe ich Flaschenwasser inzwischen auch kritisch.“

„Oh, Tiefengrundwasser – ein echtes Politikum!“ sage ich, und wir beide wissen sofort, wovon die Rede ist. Für alle Leserinnen und Leser, die nicht so tief im Thema sind, und die nicht Gedankenlesen können (und das auch noch zeitversetzt, weil das Gespräch ja schon vorbei ist, wenn Sie es lesen), möchte ich zur Erklärung nur kurz erwähnen, dass es eine sogenannte „konkurrierende Nutzung“ von Tiefengrundwasser gibt. Es gibt Oberflächenwasser, Grundwasser, und, in noch tieferen Schichten, Tiefengrundwasser. Aus diesen tiefen Schichten kommt logischerweise das sauberste und – jetzt gut aufpassen – mineralhaltigste Wasser. Genau, Mineralwasser. Darum gibt es im Moment recht schwere Rangeleien, wer denn jetzt berechtigter ist, das Wasser abzupumpen – die Wasserversorger oder die Getränkehersteller. Ein weites Feld, wir halten Sie darüber auf dem Laufenden.

„Ja,“ sagt Herr Haug mit buddhahaftem Lächeln und einer ebensolchen Gelassenheit, „in meinem Arbeitsfeld gibt es viele Politika. Beim Tiefengrundwasser haben wir das allerdings klar geregelt: Der Wasserversorger soll es nur nutzen, soweit es dringend nötig ist. Aber der Mineralwasserbetrieb bekommt es überhaupt erst dann, wenn klar ist, dass die Wasserversorger haben, was sie brauchen.

Zum Thema Trinkwasser gibt es auch eine tolle Initiative des Bundesumweltministeriums, a tip:tap. Die sind da genau auf unserer Wellenlänge. Schade, dass die Kampagne ab nächstem Jahr nicht mehr weiterfinanziert wird. Die machen die gleiche Bewusstseinsbildung, wie sie uns am Herzen liegt.

Ich hab mich dann auch drangemacht, eine Trinkbrunnen-Förderung auch für Bayern zu initiieren. Da gibt es jetzt ein Förderprogramm für Kommunen, das sehr gut angenommen wird. Das machen wir wirklich aus innerster Überzeugung, und es ist auch ein wichtiger Baustein zur Bewusstseinserzeugung. Auf unsere Trinkbrunnenförderung, das muss ich sagen, können wir schon ein bisschen stolz sein.“, lächelt er verschmitzt.

„Gibt es etwas, das Sie den Leserinnen und Lesern noch ganz persönlich sagen möchten?“

Er beugt sich nach vorne und schaut ganz fest in die Kamera: „Vertraue auf das Leitungswasser. Nimm´s beruhigt als Getränk her. Schätze diesen Schatz der Natur. Denn aus der Natur, da kommt unser Trinkwasser her. Und dort müssen wir es schützen.“

Lieber Herr Haug,

vielen herzlichen Dank für die unterhaltsame Stunde und viele liebe Grüße vom gesamten WIT ins StMUV!

(Für alle, die wie ich nicht wissen, was StMUV bedeutet: Das ist die behördensprachliche Abkürzung für das Umweltministerium. Das war ein großer Lacher, als ich das während des Interviews nachgefragt hab! Danke für Ihr Verständnis, Herr Haug, und dass Sie meine Ahnungslosigkeit so humorvoll aufgenommen haben!)

Bis ganz bald,

Ihr Wasser-Info-Team Bayern e.V.

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