„Wir haben den blauen Schatz unter der Erde!“ Interview mit Wasser-Expertin Frau Dr. Juliane Thimet

Frau Dr. Thimet ist im Wasser-Info-Team in der Mitgliederversammlung tätig als Vertreterin der Wasserwerksnachbarschaften Bayern e.V.

Ganz coronakonform haben wir uns zu unserem Gespräch per Videochat getroffen, und sie hat sich Zeit genommen, mit uns über die Philosophie „ihres“ Vereins zu sprechen, über ihre Herzensangelegenheit den Wasserschutz, und über die Probleme, mit denen die Wasserversorger heute zu kämpfen haben.

Vielen Dank bereits an dieser Stelle für Ihre Zeit – wir vom WIT, und bestimmt auch unsere interessierten Leser und Leserinnen, wissen das sehr zu schätzen!  

Dr. Juliane Thimet arbeitet seit Beginn der Vereinsgeschichte für die Wasserwerksnachbarschaften, und hat diese auch vom ersten Tag an rechtlich betreut.

Sie ist Juristin und „im richtigen Leben“ stellvertretende Geschäftsführerin des Bayerischen Gemeindetags. Ihr Engagement bei den Wasserwerksnachbarschaften ist rein ehrenamtlich, sie macht das, weil sie, wie sie sagt „für Wasser brennt!“ Daraufhin lacht sie kurz, und fügt hinzu: „Ja, ein schönes Wortspiel, oder? Aber für Wasser kann man doch wirklich brennen!“

Durch ihre Arbeit im Gemeindetag und gleichzeitig für die WWN e.V. ist sie die erste Anlaufstelle für vielerlei Frage-, und Hilfestellungen.

Sie ist ein Knotenpunkt, eine Vernetzerin.

Networking würde man neudeutsch vielleicht sagen, aber das wird der Frau Dr. Thimet überhaupt nicht gerecht. Sie ist keine „Networkerin“ – sie erschafft und erhält Netzwerke, die zum Teil aus einer Zeit kommen, in der weder Anglizismen, noch Internet verbreitet waren. (Die Wasserwerksnachbarschaften gehen aus einer lockeren Arbeitsgemeinschaft hervor, die bereits 1986 gegründet wurde.)

„Eigentlich sind wir mit unserem ehrenamtlichen Engagement für die kleinteilige Wasserversorgung in Bayern ein Dinosaurier,“ sagt sie über die WWN e.V., „aber gleichzeitig wieder sehr modern. Wir verschließen uns nicht einem Wandel der Zeit, wir brauchen schlagfähige Gemeinschaften, die kleinteilig, aber gut organisiert sind. Am besten immer unter der Überschrift: so klein wie möglich, so groß wie nötig.“

Das ist für Frau Dr. Thimet und die Wasserwerksnachbarschaften, neben der felsenfesten Überzeugung, dass Wasser immer strikt in kommunaler Hand bleiben muss, überhaupt einer der wichtigsten Gesichtspunkte für ein bayerisches Wasser-Konzept:

„Wir müssen uns in Bayern ganz grundsätzlich bekennen zur Kleinteiligkeit bei der Wasserversorgung.

Unsere Bürger und Bürgerinnen wollen das Wasser vor Ort. Je ortsnäher, umso bewusster ist den Menschen das Trinkwasser. So sind wir als Versorger greifbar und in unserer Verantwortung glaubwürdig. Und umso überzeugter können die Bürger und Bürgerinnen von ihrem Wasser sein. Der Belieferung über Fernwasser stehen die Menschen dagegen häufig skeptisch gegenüber.“

Die Wasserwerksnachbarschaften setzen genau hier an. Sie vermitteln Informationen in jede „noch so kleine Ritze“ des Netzwerks. Sie setzen sich gleichzeitig Schritt für Schritt für einen Strukturwandel ein, und diesen auch um.

„Es wird einen Strukturwandel geben, aber man kann nicht nur fordern, man muss es auch machen. Und dafür braucht es Netzwerke wie unsere Wasserwerksnachbarschaften. Wir speisen das Wurzelwerk der Wasserversorgung mit Informationen. Der Ur-Gedanke ist: Hilfe vor Ort durch intensive Vernetzung und Wissensvermittlung.“

Auf einer europäischen Ebene gelten die WWN e.V. als NGO. Sie sind unabhängig, aber gut vernetzt.

„Wir müssen gar nichts, wir machen einfach. Leider geht das alles viel zu geräuschlos. Bei uns wird viel im Ehrenamt geleistet, da steckt richtig Herzblut drin. Wir haben so viele Idealisten in unserem Netzwerk. Aber es wird viel zu wenig darüber geredet oder berichtet.

Bisher gab es zum Beispiel keinen einzigen Corona-Fall in einem Wasserwerk, das ist doch eine große Leistung! Dafür war maßgeblich unsere Geschäftsführerin Bettina Schmidt verantwortlich. Sie hat alle bestens informiert und vorbereitet. Stellen Sie sich vor, in einem der kleinen Wasserwerke mit vielleicht nur zwei Mitarbeitern fallen plötzlich beide aus! Dann gibt´s kein Wasser mehr! Darüber hat man bisher kaum in den Medien berichtet.“

Frau Thimet findet, genau wie wir vom WIT, dass insgesamt zu wenig über die Wichtigkeit und den großen Wert unseres Trinkwassers berichtet wird.

Über die Düngeverordnung und die zunehmenden Beschränkungen beim Einsatz von Stickstoff sagt sie, dass es schade ist, dass viele Landwirte die Lage noch immer nicht ernst nehmen.

„Es gibt schon einige, die haben verstanden, um was es geht, aber leider nicht alle. Und vor allem nicht die, die im Besitz der größten Flächen sind. Alles, was im Grundwasser ankommt, ist einfach überdüngt! Das was die Pflanzen aufnehmen, ist ja vollkommen in Ordnung – aber das, was im Grundwasser landet, ist ganz klar Überdüngung. Wir haben den blauen Schatz unter der Erde!“ sagt sie leidenschaftlich. „Das müssen endlich alle begreifen, die Verbraucher und Verbraucherinnen, die Landwirte und Landwirtinnen, die Kommunen – alle. Dafür setzen sich die Wasserwerksnachbarschaften intensiv ein.“

Sie erzählt uns noch davon, dass die Wasserwirtschaft leider Nachwuchsprobleme hat, obwohl es sich ja wirklich um einen Berufszweig mit Zukunft und unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern handelt. Davon, dass sie vor vielen Jahren ihre Pläne, nach Brüssel zu ziehen über den Haufen geworfen hat, als sie sich überlegt hat, dass es da ja überall nur gechlortes Leitungswasser gibt, und sie nicht wollte, dass ihre Kinder ständig von Chlorwasser umgeben gewesen wären.

Sie ist natürlich bestens informiert über alle Rechtsfragen rund um Wasser und Wasserversorgung, von der europäischen Ebene bis hin zu den kleinsten Versorgern, die nur fünf Höfe am Alpenrand in ihrem Gebiet haben.

Außerdem hat Dr. Juliane Thimet bereits mehrere Bücher geschrieben. Zwei davon sind sogar zugelassen als offizielles Unterrichtsmaterial für den Wassermeisterkurs der Bayerischen Verwaltungsschule, sind aber laut Dr. Thimet auch für Laien gut zu lesen. „Ein Buch hat doch manchmal große Vorteile gegenüber dem Netz.“ sagt sie lächelnd. Auch damit hat sie ja so recht, finden wir!

Für alle weitergehend Interessierten, hier die Links mit Bestellmöglichkeit:

Frau Dr. Thimet ist unermüdlich in ihrem Engagement. Wenn man ihr so zuhört, bekommt man das Gefühl, dass es für die Welt zum Glück doch noch nicht zu spät ist – solange so kluge und tatkräftige Menschen jeden Tag dafür arbeiten, dass die Umwelt ganz konkret jeden Tag ein bisschen sauberer wird und bleibt.

Wir werden ab heute jedenfalls noch achtsamer den Hahn aufdrehen und mit dem blauen Schatz noch sorgsamer umgehen!

Von Herzen danke für das tolle Gespräch!

Ihr Wasser-Info-Team Bayern e.V.

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