Hallo Herr Gendries, wie schön, dass Sie sich heute für uns Zeit nehmen und vielen Dank dafür! Wir fühlen uns wirklich sehr geehrt, immerhin sind Sie einer der bekanntesten Wasser-Experten in ganz Deutschland! „Ach komm!“ sagt er, und winkt bescheiden ab. „Doch!“ protestiere ich, „das ist wirklich so! Ihren erfolgreichen Wasser-Blog Lebensraum Wasser gibt es ja jetzt schon seit 2013, und ich kenne kaum jemanden aus der Wasser-Branche, der Ihren Kanal nicht abonniert hat!“ Herr Gendries lächelt sehr bescheiden in die Kamera. (Die, die unsere Interview-Reihe schon länger verfolgen, wissen, dass wir unsere Interviews ausschließlich online führen. Und das schon längst nicht mehr wegen Corona, sondern vor allem aus Wasser- und Umweltschutzgründen. Warum Autofahren auch eine starke Belastung für das Grundwasser ist, können Sie in diesem Artikel auf Lebensraum Wasser nachlesen.)
Ich stelle fest, dass Bescheidenheit eine Tugend ist, die in der Wasser-Branche unheimlich weit verbreitet ist. Genau wie eine jugendliche Ausstrahlung. Halb scherzhaft merke ich an, dass ich im Laufe der vielen WIT-Interviews festgestellt hab, dass Wasser ganz offensichtlich jung und schön hält.
Herr Gendries lacht herzlich. „Aber klar, Ihre Theorie ist vielleicht gar nicht so abwegig. Immerhin ist Wasser ein positives Thema, das fördert schon in gewisser Weise eine andere Grundhaltung und eine andere Dynamik.“
Wir sind sofort vertieft in ein Gespräch über das Wasser, die Wasserbranche, und über das Bloggen. Über Blogs ganz im Allgemeinen, und speziell über das Wasser-Bloggen.
Unser tolles Gespräch hat fast eineinhalb Stunden gedauert, und würde wahrscheinlich Stoff für drei Interviews und mindestens genau so viele Blogbeiträge bieten. Im folgenden kleinen Ausschnitt werde ich mein Bestes geben, um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen möglichst anschaulichen Eindruck von dieser erfrischenden Zeit zu vermitteln!
Eine kleine lustige Anekdote gleich zu Anfang: Ich arbeite ja für einen bayerischen Verein, und hatte bisher eigentlich nur mit Kolleginnen und Kollegen aus der bayerischen Wasserbranche zu tun. Da war mein niederbayerischer Dialekt nie ein Problem. Herr Gendries und ich, wir waren beide sehr belustigt, als er mich zeitweise nicht verstanden hat. „Oje, war ich jetzt wieder zu bayerisch?“ – „Ja, schon ein bisschen!“, lacht er. „Was meinten Sie eben?“
„Oh, Verzeihung!“, entschuldige ich mich, und muss laut mitlachen. „Betreiben Sie Ihren Blog ganz alleine? Das muss ja unendlich viel Arbeit sein!“ „Ja, im Grunde mache ich die Arbeit alleine. Aber ich bin sehr gut vernetzt, habe viele Kollegen, die mir helfen, Tipps geben, und Fragen beantworten. Da hole ich mir gerne fachlichen Rat ein. Ich bin ja Ökonom, und kein Wissenschaftler. Und ich habe auch Gastautoren und -autorinnen, die Beiträge schreiben. Wie zum Beispiel der aktuelle Beitrag von Leonardo van Straaten. Der geht richtig ab.
Wir haben aber auch technische Themen im Blog. Die haben dann nicht so eine hohe Reichweite, weil sie nur für bestimmte Zielgruppen sind. Insgesamt habe ich mich nicht spezialisiert, sondern decke mit Lebensraum Wasser viele Zielgruppen ab. Ich mache auch unter anderem Wissenschaftskommunikation. Da sind die Zielgruppen vor allem Behörden und die Politik.
Die dritte Zielgruppe sind die Verbraucher, oder ganz allgemein, die Zivilgesellschaft. Das ist manchmal ein echter Spagat, zwischen den einzelnen Gruppen zu vermitteln. Neben meinem eigenen Blog bin ich auch noch auf anderen Plattformen unterwegs. Zum Beispiel auf dem politischen „Blog der Republik“, da schreibe ich für Wasser- und Umweltthemen.
Und ich war, zumindest bevor alles corona-digital geworden ist, als Referent auf Veranstaltungen. Ich kann mich gut an ein großes Fachtreffen in Erding erinnern. Daher kenne ich einige Leute aus Ihrem Wasser-Info-Team. Mir gefällt die Stimmung in der bayerischen Wasserbranche. Das ist so eine eingeschworene Truppe, da ist Musik drin. Das hat richtig Spaß gemacht.“
Das streichelt natürlich meine bayerische Seele. Wir behaupten ja gerne von uns, dass wir ein bisschen gemütlicher und ein bisschen lockerer sind als der Rest der Welt. Wenn wir das von außen bestätigt bekommen, geht uns das logischerweise runter wie naturreines Trinkwasser.
„Einige der Themen der bayerischen Wasserversorgung sind ja auch bei uns in der Diskussion. Mein beruflicher Schwerpunkt ist die Wasserpreis-Beratung im Wesentlichen bei der Wasserpreissystematik. Wir haben vor zehn Jahren das so genannte Systempreismodell entwickelt. Dieses zielt auf eine verursachungsgerechte Deckung der Fixkosten ab. Auch bayerische Versorger sind unter unseren Beratungskunden. Deshalb hat mir auch die Aktion „Schau auf die Rohre“ bei Ihnen in Bayern so gut gefallen. Man muss das Thema Wasserpreise kommunikativ verständlich machen, und aufzeigen, dass sich die anfallenden Kosten in der Preisgestaltung des Wasserpreises widerspiegeln müssen. Andernfalls gibt es Probleme. Wasser an sich ist gewissermaßen kostenlos, die Anlagen sind aber sehr kostenintensiv. Die Betriebs- und Investitionsbedingten Kosten müssten eigentlichen die Preishöhe bestimmen, dafür gibt es die jährlichen Grundpreise. Tun sie aber nicht, wenn die Preise überhaupt beachtet werden, dann die mengenabhängigen. Und das führt häufig in die Irre. Im Kern könnte man sagen: Der Verbraucher müsste nicht das Wasser, sondern die Dienstleistung der Wasserversorgung bezahlen.
In ganz Deutschland sind Investitionen nötig, um die Trinkwasserqualitäts-Standards und die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Das verändert zwangsläufig auch die Höhe der Wasserpreise und -gebühren. Erstaunlicherweise bleiben diese aber weitgehend stabil. Aber nicht nur in Bayern glauben aber die Verantwortlichen, dass Wasserpreis-Stabilität an sich etwas Gutes sei. Das ist ein Irrglaube. Denn wenn alle Kosten steigen und die Entgelte nicht diese Entwicklung angepasst werden (oder anderweitige Einsparungen erfolgen) die Deckungsbeiträge für diese dringend erforderlichen Investitionen. In einem Fall bei Ihnen in Bayern, bei der Frankenwald-Gruppe, wurde es vor einigen Jahren richtig eng. Über 65 Millionen Euro Investitionen hatte sich aufgestaut, 23.000 Euro pro Haushalt.
Da mussten dann massive Rettungspläne greifen, bei denen der Freistaat und die Bürger kräftig zur Kasse gebeten wurden – über Jahrzehnte. Dafür zahlen dann auch Unbeteiligte. Das Problem ist: Bei Wasserpreisen wird zu viel auf die Kommunalpolitik geschaut und zu wenig auf die Wirtschaftlichkeit. Ich finde, auch solche unangenehmen Themen müssen wir diskutieren. Es bringt doch nichts, wenn wir immer nur sagen, alles ist toll. Man muss auch die kritischen Punkte aufzeigen.“
Da kann ich Herrn Gendries nur zustimmen. Und wir sind uns darüber einig, dass das manchmal gar nicht so einfach ist.
„Ich habe natürlich auch Gegner, aber wenn man das hat, weiß man, dass man auf dem richtigen Weg ist.“, fügt er hinzu.
Ein Thema, das Siegfried Gendries auch sehr wichtig ist, ist Transparenz bei der Wasserpreisgestaltung. Ein bisschen resigniert erzählt er mir, dass es immer noch zu viele Versorger gäbe, die der Wasserpreiskommunikation keine Bedeutung beimessen. Die Verbraucher würden im Unklaren gelassen. Befragungen belegen, wie groß die Unkenntnis bei Wasserkunden ist. Dann wundern sich die Versorger anschließend, wenn sich die Kunden wegen der Preiserhöhungen beschweren. Andere wiederum scheuen sich vor dringend erforderlichen Anpassungen, weil sie die öffentliche Meinung fürchten, und ruinieren sich dann die wirtschaftliche Basis. Wenn ein Versorger über zehn Jahre seine Preise nicht verändert hat, obwohl die Kosten steigen – so wie jetzt bei Energie, Löhnen oder Baukosten, dann könnte man misstrauisch werden, ob es da am wirtschaftlichen Sachverstand mangelt oder zu viel Politik im Spiel ist. Irgendwann könnte es ein böses Erwachen geben.
Durch seine unermüdliche Arbeit, und die vielen Themen, die er mit „Lebensraum Wasser“ abdeckt, ist Herr Gendries laut eigener Aussage zu einem richtigen „Wasser-Nerd“ geworden. „Wenn es irgendwo um Wasser geht, bekomme ich die Links dazu geschickt. Im Freundeskreis haben auch alle immer ein bisschen Angst, dass ich bei jeder Gelegenheit anfange, über Wasser zu reden. Fange ich dann an, bleiben ihr häufig an dem Thema hängen. Wasser betrifft halt alle.“ Er lacht wieder sehr herzlich.
„Ich mag das Thema einfach. Mit Wasser kann man Geschichten erzählen. Ich fahre ja auch Kajak, und mache Wasserreisen. Wasser war für mich immer der Aufhänger. Ich schaue mir dann alte Wasserversorgungssysteme oder verschiedene Gewässer an, und baue dabei Brücken zu anderen Menschen.
Im Grunde genommen haben wir doch alle Wasser als Thema, das ist den meisten nur nicht bewusst.“
Wie wahr!
Brücken zu bauen, zu netzwerken, Menschen miteinander zu verbinden, das ist eine von Herrn Gendries´ Spezialitäten. Er hat ein weites Netz aus Experten, Unternehmen, Politikerinnen, und Bildungseinrichtungen. Ich spüre deutlich, es ist ihm ungemein wichtig, etwas Gutes und Sinnvolles mit seiner Zeit und seinem Leben anzufangen. Bei aller Kritik, die er bisweilen aufzeigt, oder auch erntet, hat er eine zutiefst positive Lebenseinstellung.
„Mein Credo ist: Wenn ich etwas erreiche, ist meine Zeit sinnvoll verwendet!“
Zum Schluss hat er auch noch eine Empfehlung für das Wasser-Info-Team, oder eher für die bayerischen Wasserversorger: „Das Trinkwasser ist das Kernprodukt der Wasserversorger. Dahingehend sollte auch die Kommunikation angepasst werden. Man muss den Verbrauchern vermitteln, dass unser Wasser ein wertvolles Gut ist. Da kann man noch Vieles machen, um die Wasserwahrnehmung in der Gesellschaft zu verbessern.“
Auch das stimmt wirklich so sehr. Das ist ja auch eines der Leitbilder des WIT – die Wahrnehmung der Öffentlichkeit für unser Lieblingselement zu stärken.
Am Ende der eineinhalb Stunden verabschieden Herr Gendries und ich uns sehr herzlich und in bester Stimmung. Wir hatten wirklich eine ganz wunderbare Zeit zusammen auf dem Bildschirm, und ich bedanke mich überschwänglich für das tolle Interview.
„Sehr gerne. Lassen Sie und doch in Kontakt bleiben.“, sagt er zum Abschied in seiner freundlichen und offenen Art. „Vielen Dank, ja, total gerne!“, antworte ich, und fühle mich sehr geehrt. „Na dann: Auf Wiedersehen!“
Und wir winken beide nochmal fröhlich in die Kamera.
Lieber Herr Gendries, auch auf diesem Wege nochmal ein riesiges Dankeschön für die wundervolle Zeit! Alles Gute und bis ganz bald – wir alle, das WIT, ich persönlich, und bestimmt auch unsere Leser:innen, wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen!
Viele liebe Grüße,
Ihre Wasser-Blogger-Kollegin Katrin Zwickl und das Wasser-Info-Team Bayern e.V.