Vom Brunnenbohren und Wassersparen, WIT-Interview mit Jochen Ammer, Geschäftsführer des Zweckverbands Wasserversorgung Isar-Vils

(Das Interview führte Wasser-Bloggerin Katrin Zwickl)

„Hi lieber Jochen, herzlich willkommen zum Interview! Schön, dass Du da bist, und danke, dass Du Dir Zeit nimmst für unseren sehr tollen Wasser-Verein! Worüber sollen wir heute reden?“

Jochen Ammer ist Geschäftsführer beim Zweckverband Wasserversorgung Isar-Vils und Schatzmeister beim Wasser-Info-Team Bayern. Damit ist er eine wichtige Drehscheibe im Verein.

„Oh, ich hab mir jetzt gar nichts überlegt! Ich hab gedacht, du stellst mir bestimmt Fragen!“

Wir müssen beide lachen, weil wir uns zwar heute zum Interview treffen, aber auch ansonsten oft in Kontakt sind. Das ist für uns beide eine neue Situation und wir finden das ziemlich lustig, dass wir eine Videokonferenz so ganz ohne organisatorischen Kontext haben.

Wie gewohnt findet unser Interview online statt – es ist einfach besser für die Umwelt und besser für den Terminkalender, wenn nicht lange Anfahrtszeiten mit eingeplant werden müssen.

„Naja, eigentlich gibt es ja immer nur zwei Fragen: Was ist Dein Wasser-Lieblingsthema, und was möchtest Du unseren Leserinnen und Lesern ganz persönlich mit auf den Weg geben. Und zwischen den beiden Fragen entspinnt sich meistens ein schönes Gespräch übers Wasser. Das schreib ich dann mit, und nachdem ich es ausformuliert hab, veröffentlichen wir es auf unserem Blog. Dann lass uns doch direkt mit der ersten Frage starten: Was ist denn Dein Wasserlieblingsthema?“

„Eindeutig die Technik. Ich bin viel mehr Techniker als Verwaltungsmensch. Die Verwaltung gehört dazu, aber das sind eher so lästige Themen.“, gibt Jochen amüsiert zu.  

„Mich interessieren Themen wie Brunnenbau und Bohrtechnik. Im Moment haben wir hier bei uns Probebohrungen für einen vierten Brunnen. Wir haben drei Gewinnungsgebiete, und hier, wo unser Verwaltungsgebäude ist, laufen grad die Versuchsbohrungen für einen vierten. Wir brauchen eine Messstelle, weil hier bei uns im Untergrund eine Zwischenschicht ist. Da müssen wir jetzt schauen, ob die durchgehend da ist, oder nur partiell. Das ist wichtig, weil bei unseren Brunnen die Verockerung immer schneller passiert.“

„Die was?“ Ich gestehe, das Wort hab ich zuvor noch nicht gehört. Man lernt halt einfach nie aus.

Jochen erklärt mir ganz geduldig (man merkt, dass er zwei halbwüchsige wissbegierige Kinder hat): „Das heißt Verockerung. Wenn man einen Brunnen bohrt, kommt ja ein großes Rohr in das Bohrloch. Das Rohr hat Schlitze, durch das das Wasser in den Brunnen fließt. Wir haben hier bei uns in der Gegend relativ viel Eisen und Mangan im Rohwasser, und diese Mineralien verstopfen mit der Zeit die Schlitze. Dass die Schlitze zugehen, merkt man entweder am gestiegenen Stromverbrauch, oder wenn die Wassermenge weniger wird. Dann muss man die Pumpe aus dem Brunnen entfernen und alles sauber machen. Von innen geht das mit einem Gerät, das aussieht wie eine riesige Klobürste.“ Wir lachen beide über den lustigen Vergleich. „Von außen kommt man ja nicht hin, das muss mit Chemie gemacht werden. In der Zeit wird der Brunnen natürlich von Netz genommen, bis das Wasser wieder ganz sauber ist. Im gleichen Zug wird auch die Pumpe gründlich gereinigt, und erst dann wird sie wieder eingesetzt.“ – „Siehst Du, jetzt hab ich schon wieder was dazugelernt.“ – „Das freut mich! Ja, und diese Reinigung muss man so alle zwei bis drei Jahre machen. Aber mittlerweile halt auch zum Teil jedes Jahr, das geht immer schneller. Es ist einfach nicht mehr so viel Wasser da, das macht sich auch durch einen Mehraufwand bei Betrieb und Wartung bemerkbar.“

Wir unterhalten uns über die aktuellen bedenklichen Entwicklungen in der Wasserwirtschaft durch Klimawandel, Privatisierungstendenzen, Dürreperioden und Grundwasserrückgang. Ich merke, grad das Thema Wassermangel liegt dem engagierten Wasserer am Herzen.

„Im Hinterkopf studiere ich immer, wie man die einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher dazu bringen könnte, Wasser zu sparen. Im Moment ist noch genug da, aber ob das auch in Zukunft so sein wird, ist fraglich. Also ist die große Frage: Wie kann man sparen? Vor allem im Sommer ist der private Wasserverbrauch hoch…“

„Weißt Du, ich frag mich ehrlicherweise schon die ganze Zeit, wieso das eigentlich so ist. Man hat doch im Sommer nicht mehr Wäsche als im Winter, und man duscht doch auch eigentlich das ganze Jahr gleich viel, und all diese Sachen. Woher kommt der Mehrverbrauch?“

„Naja – Blümchen gießen?“ – „Ja, das macht schon Sinn. Also, dass das den Mehrverbrauch verursacht, nicht das Blumengießen mit Trinkwasser.“

„Ja, und da müssen wir eben ansetzen. Es gibt eigentlich viele Möglichkeiten zum Wassersparen. Angefangen bei ganz innovativen Konzepten für Toilettenspülungen zum Beispiel. Da gibt es ja im Moment viele Ideen, wie man vermeiden könnte, dass Trinkwasser ins WC gespült werden muss. Oder auch Trinkwasserverluste bei den Hausinstallationen. Wir haben im Versorgungsgebiet 11.000 Funkzähler im Einsatz. Die können viel sensibler messen, wenn Wasser verloren geht als die alten Zähler. Wenn der Funkzähler einen geringen, kontinuierlichen Wasserverlust meldet, sendet er eine Fehlermeldung. Weil, natürlich sollte es in einem Haushalt auch Zeiten geben in denen kein Wasser verbraucht wird. Wenn der Zähler jetzt einen stetigen Durchfluss misst, dann ist klar, dass zum Beispiel das Klo läuft. Unser Mitarbeiter, der die Ablesungen macht, hat die Wasserverluste in den Haushalten bei uns mal aufsummiert, und er sagt, es gehen pro Jahr ungefähr 180.000 bis 200.000 Kubikmeter Wasser verloren. Wir kriegen das zwar bezahlt, weil es ja über den Zähler gelaufen ist, das ist nicht das Problem, aber wir müssen das ja auch fördern. Wir haben dann mit dem Bürgermeister besprochen, dass alle Haushalte, die eine Fehlermeldung senden, angeschrieben werden. Das waren ungefähr 500 Briefe, die wir verschickt haben. Wenn die Leute dann ihre Fehler beheben, spart denen das nicht nur Geld bei der Wassergebühr, sondern auch beim Abwasser.

Unser Kollege, der Ludwig Sigl vom Wasserzweckverband Mallersdorf schreibt seine Leute regelmäßig an, dass sie ihre Hausinstallationen überprüfen sollen. Ich finde, das sollte man viel öfter auch in den großen Medien bringen. Vor allem auch in den Zeitungen, damit das auch die älteren Mitbürger und Mitbürgerinnen mitbekommen, die nicht auf Social Media unterwegs sind.

Einmal hatten wir einen Fall, dass ein Kunde von uns stetigen Wasserverlust hatte. Aber er hat geschworen, dass bei ihm kein Wasser läuft. Da bin ich mit meinem Wassermeister hingefahren, und wir haben das Haus abgehört. Im Heizungsraum sind wir dann fündig geworden: Da ist das Überdruckventil von der Heizung gelaufen. Das haben wir wirklich nur mit Hören gefunden.

Wenn man das in ganz Bayern so handhaben würde, die Leute anzuschreiben und ihnen zu erklären, dass sie sich Geld sparen durch die Überprüfung ihrer Wasserhähne und sonstigen Installationen, dann könnte man da bayernweit eine riesige Menge Wasser einsparen. Wir müssen es einfach schaffen, die Bevölkerung mehr für ihren Wasserverbrauch zu sensibilisieren.“

Jochen macht sich wirklich Gedanken um das Wasser. „Als ich letztens einen Artikel im Münchner Merkur gelesen hab, dass in Italien und Frankreich schon wieder Wassermangel befürchtet wird für die Sommermonate, hab ich ihn sofort meiner Frau weitergeschickt. Frankreich hat jetzt schon Reglementierungen, und auch Italien denkt über Verbote nach. Das ist bedenklich.“

„Bist Du in Deiner Freizeit auch so wasserbegeistert?“ – „Es geht. Wenn ich im Urlaub bin, fallen mir zum Beispiel die unterschiedlichen Hydranten auf, das interessiert mich schon, wie woanders die Wasserversorgung funktioniert. Und meine Kinder duschen zwar hin und wieder auch mal lang, aber insgesamt würde ich schon sagen, dass Umweltschutz ein wichtiges Thema ist für die beiden. Meine Tochter ist Vegetarierin, und sie achtet auf Müllvermeidung und auf solche Sachen. Und manchmal erinnert sie sogar uns daran, das Wasser nicht so lange laufen zu lassen.“ – „Das find ich toll! Wenn ich mir die Kids von heute so anschau, macht das doch Hoffnung, oder?“

„Ja, ich denke schon. Deshalb ist es ja auch gut, die Kinder so früh wie möglich an das Thema Wasser heranzuführen. Einmal hatten wir die gesamte vierte Jahrgangsstufe der hiesigen Grundschule zu Besuch. Das waren so viele, dass wir sie in zwei Gruppen aufteilen mussten. Aber dann war ja leider Corona, da ging das nicht mit den Besuchen. Aber das sollten wir wirklich wieder aufnehmen.“

Unsere Stunde vergeht wie im Flug, weil wir so vertieft sind ins Wasser. Wir sind beide ganz überrascht, als wir sehen, dass unser Meeting schon 57 Minuten dauert.

„Jetzt haben wir wirklich lange geratscht! Kommen wir zum Ende doch noch zu unserer zweiten Frage. Siehst, Du, zwei Fragen reichen total aus, um eine Stunde zu füllen!“, scherze ich. „Also, was möchtest Du unseren Leserinnen und Lesern noch ganz persönlich mit auf den Weg geben?“

„Ich finde es gut, dass Wasser mittlerweile im Fernsehen und in den anderen Medien angekommen ist. Es gibt so viele Sendungen über das Wasser, auch aus aller Welt, das ist wirklich eine positive Entwicklung. Aber ich fürchte, das reicht längst noch nicht aus.

Was ich unseren Leserinnen und Lesern sagen möchte, ist, dass sich alle intensiv Gedanken übers Wasser machen sollen, vor allem, wo jeder bei sich zuhause einsparen kann. Ich mach das bei mir zuhause oft, das ist mein Ding, dass ich mich frag´, wo könnte noch was zu verbessern sein, und wo könnte ich noch was einsparen.“

Na, das ist doch ein schönes Schlusswort: Schauen Sie mal nach Ihren Hausinstallationen, liebe Leserinnen und Leser. Das schont die Umwelt und spart Geld!

Lieber Jochen, tausend Dank für die schöne Stunde und die wertvollen Informationen!

Ganz herzliche Grüße und bis demnächst,

Dein Wasser-Info-Team Bayern e.V.

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