Am 5. Juli 2022 war es nach langer Corona-Pause endlich wieder soweit: Die Arbeitsgemeinschaften Wasser/Abwasser haben sich in Beilngries im schönen Altmühltal getroffen, um aktuelle brennende Themen der Wasserwirtschaft zu diskutieren.
Und wir können gleich vorneweg verraten: Es ging hoch her! Es gab hitzige Diskussionen mit den Vertretern des Umweltministeriums und des Landesamts für Umwelt, es gab Erfahrungsberichte aus den verschiedenen Regionen Bayerns mit teils dramatischen Botschaften, es wurde über rechtliche Rahmenbedingungen, Verwaltungsebenen, und technische Neuerungen gesprochen.
Viele der aktuellen Probleme der Wasserwirtschaft sind existentielle Themen der Menschheit. Und das meinen wir auch wirklich genauso, wie wir es sagen. Wasser ist nun mal die Lebensgrundlage für jegliches Leben auf diesem Planeten. Und deshalb setzen sich die bayerischen „Wasserer“, zu denen natürlich auch die Abwasser-Experten gehören, so entschieden für das Wasser ein. Weil sie alle Verantwortung für dieses wertvolle, unersetzliche Gut tragen. Und weil sie sich dessen voll bewusst sind, dass sie jetzt kämpfen müssen. Für eine saubere Welt. Für sauberes Wasser. Für die nachfolgenden Generationen.
Von diesem Verantwortungsgefühl war die gesamte Sitzung getragen. Und von dem Wissen, dass die Anwesenden mit ihren Teams im Hintergrund, mit den Menschen in den Wasserwerken und Wasserzweckzweckverbänden, nicht weniger sind als die Hüter dieses Schatzes. Und dass sie mit all ihren vereinten Kräften jetzt dafür kämpfen müssen, unser Wasser für die nächsten Generationen zu erhalten. Hier wurde über die Zukunft gesprochen, mit all ihren Gefahren und drohenden Krisen. Hier wurde Tacheles geredet, hier bündelt sich gerade eine Wand aus Wasser- und Umweltschützern, die bereit sind, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Lobbys und Interessenverbände, vor Gericht und in persönlichen Verhandlungen, online und offline für ihre Sache zu kämpfen.
Bei der Tagung waren insgesamt 22 Vorstände und Vorständinnen der bayerischen Arbeitsgemeinschaften Wasser/Abwasser anwesend, außerdem Herr Roland Kriegsch vom Referat 57 Grundwasserschutz und Wasserversorgung des bayerischen Umweltministeriums, Herr Michael Belau vom Landesamt für Umwelt, natürlich die bayerische „Wasser-Queen“ Frau Dr. Juliane Thimet, Direktorin des bayerischen Gemeindebundes und Vorsitzende der Wasserwerksnachbarschaften, und natürlich wir, das Wasser-Info-Team Bayern e.V.
Die bayerischen ARGEs, das sind im Einzelnen die ARGE Franken, die ARGE Niederbayern/Oberpfalz, die AKWA Schwaben, die ARGE Oberbayern Abwasser und die ARGE Oberbayern Wasser.
Die Themen waren so vielfältig wie die bayerische Wasserversorgung, aber es wurden auch viele Probleme von überregionaler, und ohne Übertreibung existentieller Bedeutung behandelt.
Von existentieller Bedeutung ist unter anderem das Thema der Tiefengrundwassernutzung. Im aktuellen Entwurf des Landesentwicklungsprogramms Bayern gibt es diesbezüglich massive Unklarheiten, wer in Zukunft in welcher Weise die tiefliegenden Grundwasservorkommen nutzen darf. Das Landesentwicklungsprogramm wird nach seiner Fertigstellung einen „gesetzesähnlichen Charakter“ haben, und daraus können dann Konsequenzen entstehen, die Nachwirkungen über die nächsten Generationen hinaus haben werden. Vor allem, wenn es dann um Gerichtsverfahren geht, wäre das „LEP“, das Landesentwicklungsprogramm, die entscheidende Richtlinie für die Gerichte. Deshalb ist es so wichtig für die Wasserwirtschaft, vor Fertigstellung entscheidende Änderungen einzubringen.
Für die ARGEs ist klar, unser Wasser muss so rein und so unbelastet bleiben, wie irgendwie möglich. Aufbereitungsanlagen müssen Notlösungen bleiben. Es kann nicht sein, dass mit einem riesigen Einsatz von Ressourcen in Zukunft nur noch aufbereitetes Wasser aus den Leitungen kommen kann, weil die Nitrat- und sonstigen Belastungen zu hoch werden.
Wasserschutz und Grundwasserschutz muss ganz oben auf die politischen Agenden, da waren sich alle Anwesenden einig. Hier, da war man sich ebenfalls einig, gibt es aber schon die ersten großen Hürden. Wasserschutz, ebenso wie Umweltschutz, wer kennt das nicht aus seiner persönlichen Erfahrung, haben in der Politik sehr oft aus diversen Gründen noch keine sonderlich hohe Priorität. Da geht es einfach auch immer wieder um unpopuläre Entscheidungen. Und welche:r Politiker:in ist schon gerne der Überbringer schlechter Nachrichten? Es geht oft um wirtschaftlich unangenehme Themen, oder darum, sich mit einer starken Lobby anzulegen. Die das Wasser leider NOCH nicht hat. Noch nicht, denn es formiert sich gerade eine immer stärker werdende Gemeinschaft von leidenschaftlichen Wasserschützern!
Die Arbeitsgemeinschaften Wasser/Abwasser vertreten jetzt schon über ein Viertel aller bayerischen Wasserversorger. In Bayern gibt es ca. 2000 Wasserversorgungsunternehmen. Dabei muss man wissen, dass einige davon sehr kleine Wasserwerke mit nur einem oder zwei Verantwortlichen sind. Von diesen 2000 Versorgern sind insgesamt fast 600 in den ARGES organisiert, Tendenz steigend. Die Strukturen der Wasserentsorgung sind noch nicht ganz so gut organisiert und strukturiert, dabei ist Abwasser ebenso wichtig, und braucht genau wie Trinkwasser und Wasserversorgung, ein breites öffentliches Bewusstsein. Die Empfehlung des Wasser-Info-Teams lautete daher eindeutig: Macht Social Media. So werden Menschen auf Themen aufmerksam.
Neben der Tiefengrundwassernutzung ging es um Wasserschutzgebiete und wer diese ausweisen und kontrollieren sollte, um ein Wasserentnahmeentgelt (das sehen die ARGE-Vorsitzenden durchweg extrem kritisch), um die Notwendigkeit einer wasserfreundlichen Landwirtschaft und die damit verbundenen Probleme wie Ausgleichszahlungen an die Betriebe, um Löschwasserversorgung (ja, auch dafür sind die Wasserer oft zuständig!), um Verbundleitungen und „Redundanz“ (also, dass ein anderer Versorger im Notfall einspringen kann), und um große Fragen von gesetzlichen Rahmenbedingungen und juristisch konkreten Texten.
Das gemeinsame Credo war hier: Das Wasser braucht nicht nur tüchtige und engagierte Menschen in der Wasserwirtschaft, sondern im Zweifel auch vor Gericht. Und: Grundwasserschutz muss eine staatliche Aufgabe sein. Das kann nicht jeder einzelnen Kommune auferlegt werden.
Wie überall spielt natürlich auch die Digitalisierung in der Wasserwirtschaft eine zentrale Rolle. Nicht nur in Bezug auf elektronische Wasserzähler und andere Fragen der Technik, sondern auch in Bezug auf Weiterbildung.
In diesem Zusammenhang wurde die neue E-Learning Plattform für die Wasserwirtschaft, KnowH20 , vorgestellt, die Frau Dr. Juliane Thimet zusammen mit zwei Kolleginnen ins Leben gerufen hat. Sie bietet für alle Fortbildungswilligen in der gesamten Deutschen Wasserwirtschaft ein breites Spektrum quer durch alle Wasser- und Abwasser-Themen an.
Am Ende der Versammlung stellte jeder ARGE-Vorsitzende noch mögliche Themen der kommenden Veranstaltungen vor.
Fazit: Die Wasserwirtschaft ist so aktiv wie nie zuvor. Sie ist ein ganz wundervoller Haufen aus engagierten und kompetenten Menschen, die rührig sind, die brennenden Themen auf allen Ebenen offen ansprechen, und die alle gemeinsam ein großes Ziel eint:
Die Wasserwende zu gestalten, von Anfang an bei den drängenden Themen des Klimawandels und anderer Krisen mitzureden, und unser Wasser für die nächsten Generationen so naturbelassen wie möglich zu erhalten.
„Read my lips:“ sagt die Frau Dr. Thimet, „Wasser wird das Thema Nummer 1.“
Und die bayerischen Wasserversorger mit ihren ARGEs sind perfekt auf diesen Zeitpunkt vorbereitet.
Eine kleine Anmerkung in eigener Sache: Falls Sie diesen Text gelesen haben, ihn mögen, ein Wasserer sind, und mit Ihrem Zweckverband oder Wasserwerk bisher noch in keiner ARGE organisiert sind, möchten wir Sie einladen, Ihrer ARGE beizutreten. Der Mitgliedsbeitrag sind schlappe 50 bis 75 Euro im Jahr. Dafür bekommen Sie eine starke Gemeinschaft, viele Informationen, und die Chance, Teil einer entstehenden, guten Lobby zu werden.
Wir freuen uns auf Sie!
Liebe Grüße, Ihr Wasser-Info-Team Bayern e.V.