„Hallo Katrin, danke für die Einladung! Wie geht´s Dir?“ Das ist ja eine nette Frage, und zeigt gleich zu Beginn, dass Christof Lautner ein Mensch ist, der sich wirklich für sein Gegenüber interessiert.
„Oh, danke – ich glaub, ganz gut. Aber ich muss zugeben, die große Trockenheit ist schon ein bisschen belastend. Ich weiß nicht so genau, ob ich sagen, dass es mir gut geht, wenn ich sehe, wie draußen der Boden aufreißt, und Landwirtschaft und Natur unter der Trockenheit leiden.“
„Ja, das stimmt, das ist ein großes Problem. Was heuer ganz auffällig ist, ist der Mais. Der ist so kümmerlich und trocken. Und auch den Gewässern sieht man die Trockenheit an. Ich war gestern mit dem Fahrrad unterwegs, das ist Wahnsinn. Aber wir müssen irgendwie lernen, mit der Klimaveränderung umzugehen.“
„Das ist ein super Stichwort, und wir sind gleich mitten in der Materie angekommen. „Dann lass uns doch gleich mal mit der ersten Frage starten: Was ist denn Dein persönliches Lieblingsthema, wenn´s um´s Wasser geht?“
Christof Lautner lacht: „Da gibt es natürlich viel. Aber vom Grundsatz her ist es die Nachhaltigkeit, die mich am meisten beschäftigt. Wir müssen das Wasser so behandeln und schützen, dass es nachfolgenden Generationen noch in der Qualität zur Verfügung steht, in der es heute ist. Ich weiß nicht genau, wie, aber das müssen wir schaffen. Um es mit einem Schlagwort zu sagen: Mein Lieblingsthema ist die nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung und -verteilung.“
„Ein hehres Ziel.“, sag´ ich lächelnd und ein bisschen nachdenklich. Christof Lautner ist ein ganz wunderbarer Mensch – er ist ruhig und freundlich, man sieht ihm an, dass er gern und viel Sport macht, und wenn er spricht, hört man ganz deutlich, dass er sich gut überlegt, was er sagen möchte, und wie er es sagen möchte. Und er ist jemand, der feste Überzeugungen und Werte hat, an denen er sein Leben ausrichtet. Einer seiner größten Werte ist die Sinnhaftigkeit.
„Weißt Du, antwortet er, man kann ja im Leben Verschiedenes tun. Schon bei der Berufswahl kann man sich ja fragen, ob das, was ich machen möchte, Sinn macht. In der Arbeit mit dem Wasser kann man was Vernünftiges machen, auch, wenn es einem von einigen Seiten nicht immer leicht gemacht wird. Wir haben die Landwirtschaft, Behörden, Fachkräftemangel. Das sind viele Bausteine, die man zusammenführen muss, und die immer schwieriger werden, zu bearbeiten. Behörden haben ja ihre Vorgaben und Gesetze, und ich stelle schon fest, dass die Behördenvertreter oft sehr gesetzestreu sind. Ich hab den Eindruck, dass früher pragmatischere Ansätze gefunden worden sind. Heute geht alles streng nach Plan und Protokoll, da findet man in vielen Fällen zu keinem Ende.
Und dann kommt eben noch der Fachkräftemangel dazu. Wir haben ein großes Leitungsnetz, um das wir uns kümmern müssen, und neben all dem ist unsere wichtigste Aufgabe, das Grundwasser zu schützen.“
„Ja, ich weiß, das ist eine schier unlösbare Aufgabe. Behördenvorgaben, Landwirtschaft, Industrie – alle haben ihre eigenen Wünsche und Ziele, und aufs Wasser schaut dabei kaum jemand. Alle stellen nur Forderungen, schauen auf Profit und eigene Interessen. Da geht der Wasserschutz im wahrsten Sinne des Wortes immer unter. Und ich weiß ja auch, dass wir alle in der Wasserwirtschaft da irgendwie ratlos vor einem riesigen Berg an Problemen stehen. Was wäre denn Dein Vorschlag, wie wir das Wasser am effektivsten schützen können? Also, wenn Du Dir vorstellst, wir würden in einer Welt leben, in der alles möglich wäre: Was wäre Dein größter Hebel?“
Da muss Christof nicht lange überlegen. „Mein größter Hebel wäre die Vernunft der Menschen. Dann würden die Leute einfach aus Vernunftgründen aus eigenem Antrieb das Wasser schützen, weil ihnen bewusst wäre, dass unser ganzes Leben vom Wasser abhängt. Dann gäbe es eine grundwasserschonende Landwirtschaft aus der eigenen Intention heraus. Und dann würden auch die Verbraucher nicht mehr denken, dass immer nur Andere für den Schutz des Wassers zuständig sein müssen. Dann würde keiner mehr bei 36 Grad im Schatten den Rasensprenger anmachen. Ich meine, ein Rasensprenger bei der großen Hitze – was macht das denn für einen Sinn?
Man muss die Leute dazu bringen, mit der Ressource sinnvoll umzugehen, sie sensibilisieren. Dann würden sie vielleicht auf Pflanzenschutzmittel im eigenen Garten verzichten, und auch die Landwirtschaft würde weniger Pestizide, und mehr alternative Verfahren einsetzen.
Aber egal, von welcher Seite wir es betrachten, am Ende landen wir immer wieder beim Verbraucher. Die Leute wissen auch einfach zu wenig. Was ist Wasser eigentlich, wo kommt es her, wie wird es gewonnen, wie kann man es aktiv schützen, und warum.“
„Ja, aber das ändert sich doch gerade, findest Du nicht?“
„Doch, unbedingt. Es vergeht ja mittlerweile kein Tag, an dem das Thema nicht in irgendeiner Form in der Presse ist.“
„Was macht Ihr, Du und Deine Mitarbeiter:innen in der Reckenberg-Gruppe, um die Bevölkerung mehr zu sensibilisieren?“
„Wir setzen stark bei den Kindern an. Wir haben sehr oft Schulklassen bei uns zu Besuch. Da machen wir Wasserwerksführungen für die Kinder in der 3. Und 4. Klasse, wo das Wasser Unterrichtsthema ist. Wir haben einen Kollegen hier, der richtig gut mit Kindern kann. Ich denke, wenn man das in der Kindheit gut platziert hat, dann leben die Erwachsenen das später. Wenn man mal ein gewisses Alter hat, ändert man sich nicht mehr so leicht. Wir übernehmen bei den Besuchen der Schulklassen auch die Hälfte der Anfahrtskosten, damit wir so vielen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben können, uns zu besuchen. Das kommt natürlich gut an.“
„Das klingt wirklich vielversprechend. Eigentlich höre und lese ich in letzter Zeit ziemlich viele gute Nachrichten. Was mir am meisten Hoffnung macht, ist, dass alle immer betonen, wie schnell sich die Natur selber heilen kann, wenn man sie nur ein bisschen in Ruhe lässt.“
„Ja, das stimmt schon, aber ich sehe das ein bisschen skeptisch. Was wir der Natur alles antun, überall – ich weißt nicht, wie lange das noch gutgeht. Ich bin nicht frustriert, und ich versuche selber, danach zu leben. Also, vorsichtig gesagt. Ich versuche, so wenig wie möglich, Auto zu fahren, achte auf eine ausgewogene Ernährung, versuche, Abfall zu vermeiden, wo es nur geht. Ich lebe das alles in gewissem Maße, aber ich hab natürlich auch einen gewissen Wohlstand. Aber was ich wirklich nie mache, ist schnell mal irgendwohin zu fliegen.“
„Wo machst Du dann Urlaub, wenn Du nicht fliegst?“
„Ich bin viel mit dem VW-Bus unterwegs, genieße die Natur, und mache gerne Fotos von der Natur.“
„Auch vom Wasser?“ frage ich interessiert nach. „Klar auch vom Wasser. Mich interessiert beim Wasser nicht nur die Technik, die dahintersteckt. Mich interessiert das Wesentliche. Ich bin auch der Meinung, dass Wasser mehr kosten darf, das darf einen angemessenen Preis haben. Dann kommen die Leute vielleicht auch mehr zum Denken. Die Wassergewinnung, Speicherung, Aufbereitung, Verteilung, das ist ein großer Aufwand. Von daher dürfte es auch teurer sein.
Ich mache Sachen gerne plakativ: Wir haben 700 km Rohrnetz bei uns in der Reckenberg-Gruppe. Das ist eine Strecke von Kiel bis München. Wenn ich das so deutlich mache, fangen die Menschen an, nachzudenken. Wir versorgen ca. 50.000 Einwohner, und dann nochmal 90.000 Endkunden über die Weiterverteilung an angrenzende Kommunen. Wir fördern im Jahr zwischen 6,5 bis 7 Millionen Kubikmeter Wasser, davon sind 5 Millionen Eigenförderung, der Rest kommt über Verbundsysteme. Da kommt ganz schön was zusammen.“
„Wow, das sind wirklich beeindruckende Zahlen! Wie sieht es bei Euch aus mit Investitionsstau?“
„Da sind wir auf einem guten Weg. Wir schauen, dass wir regelmäßig austauschen, und machen das zum Teil auch gleich straßenzugweise. Somit haben wir eine ganz gute Erneuerungsrate. Die 2 Prozent, die wir schaffen sollten, packen wir aber nicht. Das können wir nicht finanzieren, und schaffen es auch von der Manpower her nicht. Wir sind aber sehr bemüht, den nachfolgenden Generationen möglichst wenig zu überlassen. Auf die jungen Leute kommt eh schon viel zu, das wollen wir so gering wie möglich halten.“
Christof Lautner ist wirklich ein hervorragender Redner. Er verhaspelt oder wiederholt sich nicht, und hat einen charmanten fränkischen Einschlag in seiner Sprache. Eins seiner Lieblingswörter ist vernünftig. „Naja, vielleicht ist das das Alter, dass ich einigermaßen gut reden kann.“, sagt er lachend. „Nein, ich hab da einfach Routine, mit den tausend Gremien, in denen ich vertreten bin, und vor denen ich schon gesprochen hab.“
Christof Lautner erzählt mir noch, wie er eigentlich zum Wasser gekommen ist, und wieso er so gerne mit Wasser arbeitet: „Wasser ist was Gutes, Wasser ist wichtig, und da kannst du wirklich noch was zum Thema beitragen, und nicht nur Regulierungsdinge abhandeln. Auch, wenn es ein schweres Geschäft ist, schwer, aber schön. Ich geh auf die Arbeit, weil ich was Vernünftiges machen will. Wasser ist an der Wurzel vom Leben. Deswegen stört es mich, wie sich das grade entwickelt, dass da so viel Bürokratie reinkommt. Wir brauchen einen flächendeckenden Grundwasserschutz über den Freistaat Bayern, nicht nur in den 5 Prozent Wasserschutzgebiet. Wir müssen auf alle Brunnen schauen. Die letzten 20 Jahre hat man das sehr vernachlässigt, und jetzt sollen wir als Wasserversorger das richten. Aber wir können es gar nicht so richten, wie es vernünftig wäre.
Dazu kommen ja noch Probleme wie Verunreinigungen des Wassers durch Medikamentenrückstände, Klimawandel, sinkende Grundwasserstände. Das müssen wir alles berücksichtigen. Dann brauchen wir die vierte Reinigungsstufe in den Kläranlagen, das kostet Geld für die Kommunen, und die müssen das auch wieder umlegen. Es ist eben ein Kreislauf, in dem wir arbeiten. Und damit sind wir wieder beim Thema Nachhaltigkeit.“
Er ist wirklich ein besonnener Mensch, und ich könnte ihm noch die nächsten Stunden lauschen, wie er über die Zusammenhänge in der Welt spricht. Aber unsere Stunde ist fast rum, und: „Du weißt ja, am Ende kommt immer die gleiche Frage an alle unsere Interview-Partner:innen. Was möchtest Du denn unseren Leserinnen und Lesern gerne ganz persönlich mit auf den Weg geben?“
Da muss er nicht lange überlegen: „Wasser ist pure Lebensfreude! Die Kinder planschen darin, wir brauchen es zum Leben, und wenn wir vernünftig damit umgehen, könnte der Krauslauf ja noch länger funktionieren. Das wäre doch schön!“
„Was für ein wunderbares Schlusswort! Wirklich nochmal vielen herzlichen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast!“
„Dir auch ein großes Dankeschön, das hat echt Spaß gemacht!“
Ja, mir auch – und unseren Leserinnen und Lesern hoffentlich auch.
Viele liebe Grüße nach Franken und bis ganz bald,
Deine Katrin Zwickl und das gesamte Wasser-Info-Team Bayern e.V.